Das Gedicht „Rufe nicht“ von der deutschen Lyrikerin Hilde Domin hat eine Kollegin aus der Alexianer Werkstatt Bickendorf (Außenarbeitsgruppe Ossendorf) so sehr angesprochen, dass sie auch uns zum Lesen einlädt. Sie denkt dabei zum Beispiel ans Thema „Heimat“. 


 

Das Gedicht „Rufe nicht“ von Hilde Domin

Hilde Domin, eine deutsche Lyrikerin mit jüdischen Eltern, verbrachte 22 Jahre ihres Lebens im Exil.

Mit „Rufe nicht“ stelle ich euch hier eins ihrer Gedichte vor, das mich sehr beeindruckt hat und das ja vielleicht auch einige von euch berührt.

Es ist melancholisch, aber ich hoffe, nicht zu sehr.


Rufe nicht

Lege den Finger auf den Mund.
Rufe nicht.
Bleibe stehen
am Wegrand.
Vielleicht solltest du dich hinlegen
in den Staub.
Dann siehst du in den Himmel
und bist eins mit der Straße,
und wer sich umdreht nach dir
kann gehen als lasse er niemand zurück.
Es geht sich leichter fort,
wenn du liegst
als wenn du stehst,
wenn du schweigst als wenn du rufst.
Sieh die Wolken ziehn.
Sei bescheiden, halte nichts fest.
Sie lösen sich auf.
Auch du bist sehr leicht.
Auch du wirst nicht dauern.
Es lohnt sich nicht Angst zu haben
vor Verlassenheit,
wenn schon der Wind steigt
der die Wolke
verweht. 

Ein Gedicht von Hilde Domin


Stolperstein für Hilde Domin in KölnHeimat

Ich finde das Gedicht zwar etwas traurig und bin gar nicht so überzeugt, ob das den Leuten gefällt, aber ich denke, es spricht vielleicht das Thema Heimat an, das doch auch viele von uns beschäftigt.

Sei es, dass man sich fragt, was Heimat für einen selbst ist oder dass man vielleicht in der Ferne Heimweh hat oder ungewollt sein Herkunftsland verlassen musste und neu Wurzeln schlagen muss.

Heimat kann vieles sein, Menschen, Sprache, Orte …

 

Hilde Domin | © Archiv S. Fischer Verlag

Hilde Domin | © Archiv S. Fischer Verlag

Quellen und Hintergrundinformationen zu Hilde Domin

Wer mehr über Hilde Domin wissen möchte, findet Informationen zu ihr zum Beispiel auf diesen Internetseiten:

  • S. Fischer Verlage:
    „Hilde Domin, 1909 in Köln geboren, studierte Jura, Philosophie und Nationalökonomie. Ihre Studien beendete sie in Florenz. Mit Hitlers Machtergreifung brach die Zeit des Exils an, die Hilde Domin gemeinsam mit ihrem Mann zunächst in England, dann in der Karibik, in Santo Domingo, verbrachte. Nach 22jährigem Exil kehrten sie nach Deutschland zurück. Hilde Domin lebte bis zu ihrem Tod im Februar 2006 in Heidelberg. Als eine der bedeutendsten Lyrikerinnen der Nachkriegszeit erhielt sie zahlreiche Literaturpreise und Auszeichnungen, u.a. 1999 den Jakob Wassermann-Preis der Stadt Fürth und 2005 die höchste Auszeichnung der Dominikanischen Republik für ihr Lebenswerk.“
  • Kölner Frauen*Stadtplan: Artikel „Hilde Domin“ von Ina Hoerner-Theodor
  • Wikipedia: „Hilde Domin“

Ein Beitrag von Sylvia (mit Unterstützung von Barbara)

Titelbild (Ausschnitt) von Peter G. auf Pixabay
Foto „Stolperstein“ von Tomtom10 via Wikimedia Commons


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