Bestimmt kennt jede*r von uns noch die zum Teil auch verfilmten Kinderbücher von Erich Kästner, dem weltbekannten deutschen Schriftsteller, Publizisten, Drehbuchautor und Kabarettdichter. In diesem Jahr wäre er 125 Jahre alt geworden. Marc Zimmermann (AlexOffice) stellt ihn und eins seiner bekannten Gedichte hier noch einmal vor.


 

Erich Kästner

Erich Kästner (um 1930); Foto von Grete Kolliner (via Wikimedia Commons)Erich Kästner, geboren am 23. Februar 1899 in Dresden, feiert dieser Tage 125. Geburtstag. Schon wenn es um Schulwissen geht, kommt man um diesen Mann nicht herum. Jeder kennt seinen Namen und seine Romane für Kinder. Er ist Innovator einer neuen Jugendliteratur. Die Kinder sind bei ihm die Helden, und der Schauplatz des Abenteuers ist nicht ein fremder Kontinent, sondern beispielsweise das Berlin der 20er Jahre wie in „Emil und die Detektive“.

Kästner hat nicht nur Kinderbücher geschrieben, er war in erster Linie Redakteur, hat aber auch unheimlich viele Gedichte geschrieben, viel diskutierte Romane wie „Fabian“, auch Erzählungen und vieles mehr.

Nach dem Lehrerseminar in Dresden (ab 1913) und dem Militär (ab 1917) studiert er Germanistik, Philosophie, Geschichte, Publizistik und Theaterwissenschaften in Leipzig. Nach seiner Promotion schreibt er als Feuilletonredakteur für die Neue Leipziger Zeitung, nachdem er sich während des Studiums schon mit Filmkritiken und Werbetexten über Wasser gehalten hatte.

Doch Erich Kästner eckt an, er ist gegen die allgemeine Obrigkeitsgläubigkeit, auch gegen Gewalt in der Erziehung, die Nazis mögen ihn später „unvölkisch“ genannt haben. Nach einem frivolen Gedicht werden er und der Zeichner Erich Ohser, vermutlich eher aus politischen Gründen, gefeuert. Kästner geht nach Berlin und schreibt fortan für Simplizissimus, Weltbühne und das Berliner Tageblatt.

Bald erscheint sein erster Gedichtband „Herz auf Taille“ mit großem Erfolg. In der Nazi-Zeit schreibt Kästner unter Pseudonym, wird zweimal von der Gestapo verhaftet und bald endgültig verboten. Wahrscheinlich denkt er, wie viele anfangs, dass „der Spuk“ nach einem Jahr vorbei sei. Er dokumentiert, was ihm im dritten Reich unterkommt, um als Chronist nach dem Krieg ein Buch zu schreiben. Dazu kommt es nie, denn er begegnete gegen Kriegsende einem deportierten Juden, der ihn restlos aufklärt. Er kann dieses Buch nicht mehr schreiben.

„… was in den Lagern geschah, ist so fürchterlich, daß man darüber nicht schweigen darf und nicht sprechen kann.“

(Erich Kästner: Werke. Band II. Hanser, 1998, S. 67)Erich Kästner (1961); Foto von Basch (via Wikimedia Commons)

Nach dem Krieg zieht Kästner nach München und leitet das Feuilleton der Neuen Zeitung, nimmt als Redakteur an den Nürnberger Prozessen teil, schreibt wieder für‘s Kabarett, und man sieht ihn auch auf der Straße gegen Wiederbewaffnung und Atomforschung und gegen den Vietnamkrieg. Ab 1965 zieht Kästner sich fast ganz aus dem Literaturbetrieb zurück. Kästner stirbt am 29. Juli 1974 im Alter von 75 Jahren im Klinikum Neuperlach und wird nach seiner Einäscherung auf dem Bogenhausener Friedhof in München beigesetzt.


 

»Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?«

Erich Kästners Gedicht „Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?“ wurde am 29. Oktober 1927 in der Zeitschrift „Das Tage-Buch“ veröffentlicht. Im Frühjahr 1928 nahm Kästner es in seine erste Gedichtsammlung „Herz auf Taille“ auf, die mit Zeichnungen und Vignetten Erich Ohsers erschien.

Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?
Du kennst es nicht? Du wirst es kennenlernen!
Dort stehn die Prokuristen stolz und kühn
in den Büros, als wären es Kasernen.

Dort wachsen unterm Schlips Gefreitenknöpfe.
Und unsichtbare Helme trägt man dort.
Gesichter hat man dort, doch keine Köpfe.
Und wer zu Bett geht, pflanzt sich auch schon fort!

Wenn dort ein Vorgesetzter etwas will
– und es ist sein Beruf etwas zu wollen –
steht der Verstand erst stramm und zweitens still.
Die Augen rechts! Und mit dem Rückgrat rollen!

Die Kinder kommen dort mit kleinen Sporen
und mit gezognem Scheitel auf die Welt.
Dort wird man nicht als Zivilist geboren.
Dort wird befördert, wer die Schnauze hält.

Kennst Du das Land? Es könnte glücklich sein.
Es könnte glücklich sein und glücklich machen?
Dort gibt es Äcker, Kohle, Stahl und Stein
und Fleiß und Kraft und andre schöne Sachen.

Selbst Geist und Güte gibt´s dort dann und wann!
Und wahres Heldentum. Doch nicht bei vielen.
Dort steckt ein Kind in jedem zweiten Mann.
Das will mit Bleisoldaten spielen.

Dort reift die Freiheit nicht. Dort bleibt sie grün.
Was man auch baut – es werden stets Kasernen.
Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn?
Du kennst es nicht? Du wirst es kennenlernen!

Erich Kästner


 

Ein Beitrag von Marc Zimmermann 

Weiterführende Links:
Erich Kästner (Wikipedia)
Kennst Du das Land, wo die Kanonen blühn? – Gedicht von Erich Kästner (Wikipedia)

YouTube Links: 
Erich Kästner – Das andere ich – Dokudrama (ganzer Film auf Deutsch HD)
Erich Kästner – Schriftsteller für Kinder und Erwachsene (Portrait, BR 1983) 
Kästner und der kleine Dienstag – mit Florian David Fitz ganzer Film auf Deutsch kostenlos in HD

Bildquellen:
Berliner Gedenktafel für Erich Kästner am Haus Prager Straße 6 nahe der Wilmersdorfer Wohnung (Ausschnitt) von Ekab, 07.06.2008 – Eigene Fotografie, CC BY-SA 3.0
Erich Kästner (um 1930) von Grete Kolliner, Gemeinfrei
Erich Kästner (1961) von Basch – Dutch National Archives, The Hague, Fotocollectie Algemeen Nederlands Persbureau (ANEFO), 1945-1989


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