In seinem Interview am »MEET-WOCH«, einem neuen Social Media Projekt der Alexianer Werkstätten, erfahren wir Persönliches von und über den Schriftsteller und Privatgelehrten Werner Otto von Boehlen-Schneider. Der vielseitige Mittdreißiger, den wir im Xblog bisher vor allem durch seine zahlreichen Gedichte kennengelernt haben, engagiert sich als Asperger-Autist auch für eine Entstigmatisierung von Menschen dieser „Seinsweise“ in unserer Gesellschaft.


 

Mein Interview am »MEET-WOCH«

Das Interview am »MEET-WOCH« führte Viktoria Willmann (Unternehmenskommunikation Alexianer Werkstätten / GWK) in einem Café an Sankt Aposteln.

Herr von Boehlen-Schneider, Menschen mit Asperger-Autismus werden häufig mit Distanziertheit, Introvertierheit und zuweilen Eigenbrötlerei in Verbindung gebracht. Sie selbst sind sozial recht aktiv. Wie würden Sie Ihre Erfahrung beschreiben?

Es ist lang an der Zeit, Rollenbilder zu überdenken − Jungs wären gut in den Naturwissenschaften und Sport, Mädchen eher in kulturwissenschaftlich-kommunikativen Kontexten − ist das wirklich mehr als eine Verklausulierung des Schillerschen: „Der Mann muss hinaus ins feindliche Leben, muss wirken und streben […] und drinnen waltet die züchtige Hausfrau […] und lehret die Mädchen und wehret den Knaben“? Jeder sollte sich für alles interessieren dürfen, ohne Argwohn zu erregen, da kann auch ein Griff zu Geworfenheiten, Lebensentwürfen illustrer Menschen helfen; die Biographie Eve Curies über ihre berühmte Mutter inspirierte mich als Kind, ich lege sie Ihnen ans Herz. Es geht, so scheint mir, eher um die Herausbildung des ganzheitlichen Menschen (eines uomo universale eigener Gewichtung) als um seine Heranziehung für gesellschaftliche Bedarfe. So entfaltet können wir sozial-caritativ eo ipso werden, Nöte der Zeit erkennen, verantwortet handeln. Ich engagiere mich z. B. für obdachlose Menschen hier in Köln, unterstütze Projekte für Afrika, Indien, den Nahen Osten, die Rettung Schiffbrüchiger aus dem Mittelmeer, bin Pazifist, Flexitarier, Klimaaktivist der „Writers for Future“.

Und wo liegen Ihre intellektuellen Leidenschaften? Was bewegt, wofür brennen Sie?

Ich empfinde uns Menschen besonders als Fragende; ein mir in der Oberstufe gegebener Spitzname lautete denn auch „Flavius Quaerens“, und so bin ich nach geistes- und naturwissenschaftlichen Studien als Universaldilettant neugierig geblieben, mit Elan beim Hereinarbeiten in komplexe Sachverhalte und der nötigen Spur Naivität, um etwas neu zu denken. Doch eine Blickrichtung bleibt als Prämisse: beständiges Streben nach Gutem, Wahrem und Schönem; hier kommen Philosophie, Literatur (als Kunst der Ummantelung des Unsagbaren) und Musik ins Spiel.

Werner Otto von Boehlen-Schneider, gespiegelt in Dalís „Le cabinet anthropomorphique“

Werner Otto von Boehlen-Schneider, gespiegelt in Dalís „Le cabinet anthropomorphique“ (Foto: privat)

 

Sie schreiben ja über die Sachverhalte, die Sie bewegen …

Literatur als wahrhaftiger Ausdruck dessen, was in eigener Vorstellung liegt, kann wohl gar nicht anders, als biographisch gefärbt zu werden; sei es durch gestaltende Bearbeitung von Erlebtem, das eskapistische Schaffen jener Narrative, in denen Welt und Leben erträglicher scheinen, und anderes. Bei mir spielt Vergangenheitsbewältigung, zum Beispiel in der Novelle „Begegnung mit Echo“, den Sonetten, „Septemberelegien“, „Amor et Psyche“ und „Vom sphärischen Klang“, ebenso eine Rolle wie alternative Lebensformung; im Novellistischen sei „Datum est nobis“, im Lyrischen „B. Nicolausi Vita“ oder „Elisabethensänge“ genannt. Darüber hinaus fußt mein Werk auf abstrakterem Herantasten (es spricht das unergreifbar Leise, stet Verborgene bewahrend), welches anschaulich ins Denken laden soll: „Curricula babylonica“, „Holophernens Sterben“, manches an Lukrez Gemahnendes der Gelegenheitsdichtung, Kulturgrenzen verwischend, wie in „Sieben elegische Lieder der Sudarśanâ“, „Gita Govinda“, „The Lady of Shalott“ und anderem, wobei Tiefe des Tragischen mehr reizt als Allerwelts-Glücke.

Und Sie betreiben Veröffentlichungen in Buchform. Was war hier der Auslöser?

Ja, was war es? Wohl, um zum Augenblick sagen zu können: „Verweile doch, du bist so schön“. Der Großteil meines Frühwerkes ist zu recht verloren − alles vor dem Jahr 2015 Geschriebene. Es schien mir zu alltäglich. Durch seine teilweise Eingängigkeit habe ich später manches sentimental aus der Erinnerung rekonstruiert. Was seitdem in Schubladen lag, waren zwei Theaterstücke und die „Wappensage und Sänge des Hauses der Otten von Boehlen“, zu deren Veröffentlichung ich mich entschloss, um Glück im Moment zu perpetuieren. Schaue ich noch dies und jenes an, sehe ich geliebte Augen wieder oder empfinde das strenge Los, am Weltenrad ein wenig mitzudrehen, mich nicht zu entziehen. Grundgedanken hierbei sind in facettenreicher Wiederkehr: Das Gute trägt sich selbst; Kunst als reine Anschauung hilft zum Eigentlichen finden; wir sind Ahnende verschleierter Unnennbarkeit; Gleichnishaftigkeit des Seienden; Verschiedenes kultureller Prägung. − Einerseits geht das Werk außer Haus, um Gleichgesinnte aufzuspüren, andererseits ruft es „dem andern durch die öden Zwischenräume der Zeiten zu“, setzt „das hohe Geistergespräch fort“. Falls ich für Andere fruchtbar werden kann, so, auch im Tod noch, durch ein Buch.

Sie sind auch in den sozialen Medien aktiv …

Eine Facebook-Fanpage soll zur Nahbarkeit beitragen. Da ich gern reise, könnte ich auch kulturtouristisch gelesen werden. Doch wichtiger ist: Verortung in Zeit und Raum, als Mensch unter Gleichen, vor beredten Zeugen des Vergangenen, der leis bestrickenden Natur, ihre Inspiration für uns. Aufzumuntern, teilzuhaben spielt da in pädagogischer Weise hinein. Mir selbst zeigt es erinnernd, ein privilegiertes Leben zu gestalten, für das ich dankbar sein darf.

Welche Themen verarbeiten Sie in Ihren Texten?

Das kann sich ganz vielfältig ausformen, zum einen sind es recht allgemeine Fragen: was ist der Mensch, wie soll ich handeln, was kann ich wissen, worauf darf ich hoffen oder vertrauen? Auch Ringen mit Schmerz und Verlust, Ich und die Anderen, haben ihr Gewicht, etwas von dem, das Goethe im Tasso mit „und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt, gab mir ein Gott zu sagen, was ich leide“ umschreibt. Vor allem Lyrisches widerfährt mir eher, als das ich es betriebe. Vor zwei Jahren entstanden innerhalb kurzer Zeit mehrere Bände aus Liebe zu Maike. Wir waren innerlich erfüllt; ich habe es ins Bild des nun hörbaren sphärischen Klanges gewandet. Zum anderen sind es durchdachte Werke über die Symbolhaftigkeit des Daseins, Naturbetrachtungen, Kulturkritik, Theonomien, pädagogisch-philosophische Werke in aller epoché des zu Wissenden − „die Menschen zu bessern“. Eine Literatur, die derart ans Herz griffe, dass Kriege, Gewalt, Hass undenkbar würden, ist der ferne Gipfel meiner behutsamen Strebsamkeit.

Was Sie schreiben möchten, das widerfährt Ihnen, sagen Sie?

Gewissermaßen, oftmals nach traumschwangeren Nächten, als Unerwartetes steht es vor mir, und ich schreibe es „mit Furcht und Zittern“, dem Gefühl einen kaum genügenden Widerhall zu erhaschen, nieder. Aus dieser Art des auch reifenden Hineinhorchens erklären sich längere Zeiten geringer Produktivität, um dann für Neues bereit zu sein. Rilke umschrieb diese Form des Schaffens so: „Was hast du nicht gewartet, dass die Schwere ganz unerträglich wird: da schlägt sie um und ist so schwer, weil sie so echt ist“. Bei vielem merke ich, dass meine Kraft nicht ausreicht, den Stoff zu bewältigen; es bleibt skizziert liegen: mehrere Romane, zuletzt das symbolisch-ästhetisierende Epos „Friederike und Louise von Mecklenburg“ für Jessie. Doch das bekümmert mich eher wenig, es wäre mehr als ich erhoffte, falls sich zwei meiner Gedichte im kollektiven Gedächtnis verankerten; vielleicht das vierte Rinnstein-Sonett, etwas aus den „Poemata Carae“, schöne Sächelchen, die wenig in Frage stellen. Andererseits gehe ich auch mit offenen Augen durch die Welt und „sammle Augenblicke“, wie Böll sagte. Ein Schal exotischer Anmutung, am Rheinboulevard gesehen, kann später Ausgangspunkt für Erzählendes werden; gelegentlich erfinde ich in Cafés Geschichten über vorbei flanierende Passanten.

Welche Zielgruppe möchten Sie mit ihren Veröffentlichungen ansprechen?

Im besten Fall alle, im Moment allerdings eher niemanden (von Boehlen-Schneider lacht). Meine Buchverkäufe sind seit März 2020 eingebrochen, vor allem, da ich bei monatlichen Lesungen der „Literatur um Acht“ im Severinsviertel signierte Exemplare verkaufte und diese erst gemächlich, unter sehr begrenzter Teilnehmerzahl, wieder anlaufen. Glücklicherweise bin ich nicht auf Bucheinnahmen angewiesen.

Was für Lesungen halten Sie?

Ich hoffe, weder zu unterhalten, noch lustig, spannend oder aufregend zu sein, sondern anregend fürs eigene Denken der Hörer*innen, keine Events, sondern möglichst kathartische Momente kreierend, doch auch Geborgenheit, Getragen-Sein zu vermitteln. Manche sagen, ich schreibe verklausuliert bis zur Unlesbarkeit, andere, ich knüpfe an die mitleidvolle Weltabkehr Prousts existenziellere Gedanken. Wie dem auch sei, es wäre schön, der Horizontalen menschlicher Notwendigkeit eine Vertikale des Tiefgangs, der Offenheit für das Größere hinzuzufügen. Was so entsteht, ist wie aus einem Guss; wenn ich beim Schreiben an den Leser dächte und nicht aus Seelenquellen schöpfte, oder später redigierte, wäre es kein Niederschlag enthobenen Erlebens. So muss ich keine Checklisten abarbeiten, wer das meint zu sollen, tut mir leid. Eine ältere Dame des Goethe-Instituts kam einmal nach Lesungsende zu mir und meinte, geweint zu haben, als sie meine Lyrik hörte. So gilt wohl das „non multa“ Schopenhauer’scher Vorsatzblätter.

Das klingt bewegend. Was möchten Sie mit Ihren Texten bewirken, auslösen?

Ins individualisierte Denken führen. Ein mehrere hundert Seiten langer Thriller zeugt eher von mangelndem Talent als etwaiger Brillanz. Umkleide den Gedanken verdichtend so, dass er wie Sonnenstrahlen leicht und doch von scheinbar ewger Dauer den Moment erhelle und stehle niemandem die Zeit. Sei mutig (mit Marc Aurel gesprochen) „in der Überzeugung, dass nichts ein Gut für den Menschen ist, was ihn nicht gerecht, besonnen, tapfer und frei macht und ein Übel nur, was das Gegenteil dieser Eigenschaften bewirkt“.

Sie halten Lesungen und stehen damit auf der Bühne. Wie war diese Erfahrung? Hat sich dadurch etwas für Sie verändert?

Die Bühnenerfahrung stärkt Selbstbewusstsein, macht jedoch auch Einmaligkeiten des Augenblickes, Grenzen des Sagbaren, deutlicher als das heimische Studiolo. Meine letzte große Liebe und Muse, Maike, lernte ich auf einer Lesung in der „Lichtung“, Kölner Südstadt, kennen. Ich bin teilweise nervös, wenn ich Menschen, die mir viel bedeuten, noch unbekannte Texte vorlese. Bei fremdem Publikum lese ich relativ frei von Lampenfieber, tauche wie ins Wort hinab, werde zum Kündenden, Mittelnden.

Haben Sie schriftstellerische Vorbilder?

Goethe, zuweilen Schiller und Shakespeare, Rilke, Wilde, Proust, einige der französisch- und deutschsprachigen Symbolisten; auch Ephräm der Syrer. Ich webe, textura, Mäntel aus Worten, die den Hauch, der dort weht, wo er will, ein wenig umhüllen und Formen, Ahnungen der Spur des Ewigen entbergen. Daher strebt mein Besinnen nicht einem Hauptwerk zu, es äußert sich in stet bewegter Vielfalt.

Werner Otto von Boehlen-Schneider im Interview zum Meet-woch    Werner Otto von Boehlen-Schneider im Interview zum Meet-woch

Und wie sieht das Feedback von Außenstehenden hierzu aus?

Dichtung war wohl nie eine Mainstream-Angelegenheit. Sondern: Der Tag, ein gebietender, fordert / das Recht seiner weitesten Formung zur Gänze / betörender Schalle, entbietet den Reichen / des Wortes willfährig erhabenen Lächelns / erquellende Gründe von tieflichter Weite / zur sorgenden Pflege den Weilenden allen. Die richtigere Frage lautete also: Wieviel dieses Niederschlages getraue ich mich?

Welche Pläne verfolgen Sie mit Ihren Veröffentlichungen? Was würden Sie sich hierdurch wünschen?

Eine breitere Öffentlichkeit wäre wünschenswert, ohne in Abhängigkeit gegenüber Verlagen und Feuilleton zu geraten. Auf der Facebook-Fanpage veröffentliche ich wöchentlich ein Gedichtlein: wer möchte, kann es teilen. Falls manches viral ginge, wäre ich nicht verärgert. Nur lasst mich mit Kritik in Frieden − wenn ihr es besser könnt, so schreibt.

Und was wäre ihr größter Traum?

Tiefe Freundschaften ähnlich Gesinnter knüpfen − und eine Muse auf Lebenszeit finden. Ach ja, das Phänomen der Muse: mir ist, entrückt, als träte sie aus Platons Sphären eines Idealen in die Welt; jedwede Geste wird bedeutungstief-symbolisch, bezaubernd und erhaben, weckt das Gute als Erinnern in mir auf, durch edles Streben ihr nun zu genügen. Eine solche Muse ist von berückend natürlichem Adel, fragend-einfühlsame Mittlerin, nicht neurotisch oder vulgär, wie es Frauen, denen ich begegnete, gelegentlich wurden. Bislang waren diese Musen-Verhältnisse temporär. Anstatt aufeinander hin ins Füreinander wachsen, den Klang natürlicher Höhe in Gefilde der Kunst tragend, nicht sentimentale, sondern ontologische Freude im Beieinander finden.

Was sagt Ihre Familie zur Schriftstellerei?

Meine musische Mutter ist teilnehmend beeindruckt, Vater (im März 2019 verstorben) war land- und forstwirtschaftlich interessiert, praktisch, kein Freund scheinbar zweckentbundener Gelehrsamkeit, wobei er gern sang, sich für Architekturen des Weserberglands begeisterte und die Droste gelten ließ. Im Ganzen erlebte ich ein heiles, zuerst behütendes, doch innerlich auch beengendes, später Leistung einforderndes Elternhaus, eher distanziert und gefühlsarm, von gewisser Lebensuntüchtigkeit, in verblassender Erinnerung herrlicherer Zeiten, auch eine Provinzialität des Überlebten, Anheimelndes, wie wir es, auf Spitzen getrieben, in den ersten Kapiteln des „Doktor Faustus“ wiederfinden, gewissermaßen bedeutungsgetränkte Schollen, herodotäische Verwobenheit mit einer Landschaft.

Sie haben vielleicht auch Rückschläge und Hindernisse auf Ihrem Weg erlebt?

(von Boehlen-Schneider nickt)

Wie sind Sie damit umgegangen?

„Dinumerare dies nostros sic doce nos, ut inducamus cor ad sapientiam.” Ich betrachte jeden einzelnen Lebenstag als in sich Abgeschlossenes, versuche ihn, an Therese von Lisieux orientiert, auch im Kleinen sinnvoll, gütig, achtsam, wertschätzend und bewusst zu gestalten, zähle mir abends beim Zähneputzen auf, wofür Dankbarkeit angebracht ist. Ja, es gibt Regentage, ich kranke zuweilen an Vereinsamung, mir entgegen gebrachter Verachtung, dem Unverständnis jener, denen ich mit zartesten Gefühlen nahte; empfindsam gegenüber einer lauten Welt der Unverbindlichkeit, des Spottes; doch beseelt vom Wunsch, arrangiert im Machbaren, ein wertiges Dasein zu hegen.

Und wie sind Sie eigentlich aufs Schreiben gekommen?

Die Künste gehen Hand in Hand. Ich habe in meiner Jugend Theater gespielt, als Paraderolle Prof. Witzliputzli nach Karl May, einige Plastiken, vor allem jedoch an die hundert Werke in Acryl auf Bütten, Leinwand, Holz und Stahl angefertigt, durfte als 15-jähriger eine 18m²-Schulwand gestalten, Ehre und Tribut an gewisses Talent. Klassisch geistliche Musik, die „vexilla regis“, das hoheitsvolle „pange lingua“, „summi regis cor“, die allbekannten Komponisten traten in mein Fragen und bewegten tief. In der Oberstufe war Studienrat Menzel recht ausschlaggebend für meine aus dem Herzen kommende Entscheidung, nicht Wirtschaft oder Jura, sondern Germanistik, Geschichtswissenschaften und Philosophie zu studieren. Wie gesagt ist das Aufgreifen des mir Widerfahrenden, „Farbe bekennen“, so identitätsstiftend, dass ich mich hierfür entschied: Was nun ist Glück, als die Atem / beraubende innere Fülle / aus der alles Leben verströmte? / Das Kleinste und Große berühren / einander und finden die Achsen / des mittelnden Pfades zu sich. − Ausgehend vom alttestamentarischen Propheten Elia, dass sich die Gottheit nicht in Sturm, Erdbeben und Feuer, sondern als leiser Hauch offenbarte, ist ideengeschichtlich etwas Ungeheures ins Denken getreten: das Größte im Kleinen, einander berührend, coincidentia oppositorum, etwas, das mich zuinnerst ergreift und Gelassenheit schenkt. Nehme die Worte und forme dir Welten / eigenen Wohls in den Wogen der Zeit / fülle dein Leben und werde bereit / aus dem Bereiteten, das wir erwählten / Sinn zu empfangen − da Alles vergeht. Wenn „Amerika ein Fehler [ist]; ein gigantischer Fehler, aber ein Fehler“, wie Freud meinte, und dessen kulturelles Bestreben neues Vorbild Europas wird, bleibt Verflachendes nicht aus; ich „Geistesaristokrat“ mühe mich um die Fackel des Tieflichten. Ja, gewiss erinnert meine Lyrik in ausdifferenzierter Zartheit auch an Saint-Saëns’ „La Mort du Cygne“; wer so klar wie möglich, dem Poetischen entkleidet, spricht, verliert zu oft die mitschwingend-verborgene Melodie des Unsagbaren − doch möge die Nachwelt mit Distanz ihr Urteil sprechen, oder mich vergessen.

Was wünschen Sie zuletzt jungen Autoren?

Mut, die Herausbildung eines eigenen Erzähltones, Freude am Streben nach dem „summum bonum“.

Herr von Boehlen-Schneider, ich danke Ihnen für unser Gespräch. 

Ein Beitrag von Werner Otto von Boehlen-Schneider (Titelbild, Text, Fotos) im Rahmen des Social Media Projekts »MEET-WOCH«

 

Werner Otto von Boehlen-Schneider
Werner Otto von Boehlen-Schneider

 


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