Bei einem gemütlichen Kaffee-und Kuchen-Gespräch mit den Menschen, die in der Konditorei und Backstube der Alexianer Klostergärtnerei arbeiten, eröffneten sich »Tortentrost und Kuchenhimmel« für Cornelia Schmitz, unsere Kollegin aus dem AlexOffice.
»Tortentrost und Kuchenhimmel« – Die Konditorei der Alexianer Klostergärtnerei
Auf dem Gelände der Alexianer Klostergärtnerei können Gartenfreunde inmitten all der Blumenpracht Platz nehmen in einem Café. Dieses Café mit seinen luftigen Räumen, den ansprechenden Farben, den freundlichen Servicekräften und nicht zuletzt den hervorragenden Produkten wäre allein schon eine Reportage wert, doch darum soll es heute nicht gehen. Wir werfen kurz einen Blick auf die Kuchentheke und können uns angesichts all dieser Köstlichkeiten gar nicht entscheiden: Frankfurter Kranz, Kürbiskuchen, Sahnetorten und vieles mehr sind regelmäßig im Angebot und schmecken himmlisch, oder wie es ein Kunde einmal ausdrückte: „Eure Kuchen schmecken nach Kindheit“. Denn im Kloster Café findet man noch Tortenstücke, die aus dem Angebot vieler Konditoreien schon verschwunden sind.
Ein Blick in die Backstube – „unsere kleine Wellnessoase“
Doch wer fabriziert all diese herrlich appetitlichen Sahnebaisers, Cremeschnitten oder Plätzchen, bei deren Anblick einem das Wasser im Munde zusammenläuft? All das wird nicht von einer namenlosen Großbäckerei produziert oder in einer langen Lieferkette angefahren, sondern die Alexianer machen es selbst und haben zu diesem Zweck eine Backstube etabliert, die von beschäftigten Kollegen auch „unsere kleine Wellnessoase“ genannt wird. In diese Konditorei wollen wir heute einen Blick werfen.
Etwas verborgen und von außen unscheinbar liegt die Stube inmitten des Werkstattgeländes in Köln Porz; ein kleines unauffälliges Gebäude, dem man seinen Zweck nicht ansieht.
Doch wenn man eintritt, nehmen einen die Gebäckdüfte, die vielfältigen Aromen nach Zimt, Vanille und Kardamom sofort gefangen und entführen einen in die Welt, in der jedes Problem – wenn es sich schon nicht mit Kuchen lösen lässt – doch entfernter erscheint.
Das ist der erste Eindruck: Es ist warm, blitzsauber und duftet. Die Örtlichkeit ist klein, zwei Räume, gefüllt mit etlichen Maschinen wie Teigkneter, Anschlagmaschine, Ausroller, und natürlich dem Vier-Etagen-Backofen, Herzstück der ganzen Angelegenheit.
Gemütliche Gespräche bei Kaffee und Kuchen
Freundlich begrüßt uns Konditormeister Frank Volkmer, der Gruppenleiter der hier beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Mit ihm und seinen Leuten setzen wir uns an den Tisch, trinken einen Kaffee und probieren den köstlichen Kürbiskuchen. Das ist die Spezialität des Hauses; eine Angelegenheit, die aus geraspeltem Kürbis, karamellisierten Walnüssen, echter Butter, einem Zimtguss und Geheimnis besteht.
In dieser gemütlichen Atmosphäre erläutert Volkmer, „wie alles begann“ – 2012 nämlich in einem Raum mit einem kleinen Haushaltsbackofen und drei beschäftigten Mitarbeitern. Täglich produzierte die Stube damals drei bis vier Torten – das war‘s. 2014 wurden die Räume erweitert und mit modernen Maschinen und Geräten ausgestattet. Mittlerweile arbeiten dort 8 bis 10 Mitarbeiter, die bis zu 30 Torten fabrizieren.
Die Menschen in der Backstube – das Miteinander
Was schätzt der Konditormeister an seiner Arbeit, was reizt ihn besonders? Es sei die Arbeit mit den behinderten Menschen, die Vorstellung, etwas zu bewirken, gemeinsam etwas zu schaffen. Die ihm untergegebenen Menschen führten ihm oft vor Augen, wie ungeduldig er manchmal mit sich sei, welchen Anspruch er an sich habe – sie hätten wertvolle Anregungen für ihn.
Er freue sich über jeden Erfolg bei seinen Leuten, jedes Lächeln, er freue sich, wenn den dort beschäftigten Menschen etwas gelingt, worauf sie hingearbeitet hätten. Es mache auch einfach Spaß, Kuchen zu backen, das mache schon an sich Freude. Eine herzliche Atmosphäre sei ihm wichtig, die Möglichkeit, auch mal einen Spaß zu machen, vielleicht sogar Ironie einzusetzen, wenn alle wüssten, wie es gemeint ist.
Empathie tut gut
Gisela Hänchen hört aufmerksam zu und nickt, als ihr Vorgesetzter von Spaß spricht. Die 57jährige gelernte Altenpflegerin arbeitet seit 2012 bei den Alexianer Werkstätten und sagt, sie habe noch nie „da draußen“ eine derart wertschätzende Stimmung erlebt, noch nie einen solch angenehmen Arbeitsplatz gehabt. Ihr gefällt das kleine Team, das kollegiale Miteinander, die Tatsache, dass man als der Mensch respektiert wird, der man ist: „Die ganze Empathie hier tut gut, die gut geschulten Gruppenleiter mit ihrem psychologischen Sachverstand“. Hier würde Rücksicht auf die Befindlichkeit genommen: Ginge es ihr einmal nicht so gut, könne sie anrufen und mit offenen Karten spielen. Die anderen Kollegen nicken. Das gefällt ihnen allen: dass sie sich mit ihren Stärken und Schwächen einbringen können, dass man ihnen entgegenkommt und sie da abholt, wo sie mit ihren Fähigkeiten stehen.
Von Plan A bis Plan C – und dann wieder von vorn
Das sei nicht immer ganz so einfach, sagt Volkmer, denn alles was verkauft worden ist, muss auch wieder produziert werden: „Ich weiß morgens nie so genau, wie der Tag wird, ich habe einen Plan A, dann einen Plan B und einen Plan C. Und wenn das alles nicht funktioniert, fange ich ganz von vorne an. Jeder Tag ist eine kleine Wundertüte, jeder Tag ist individuell.“
Es sei gut, dass er recht frei sei in seinen Entscheidungen, dass er eigenständig arbeiten könne und keinen übersteigerten Kostendruck habe.
Gute Qualität bei gutem Handwerk – das sei sein Motto.
Kollege Peter B. (Name geändert) hakt ein: „Für mich ist hier wichtig, dass die Arbeit nicht so eintönig ist und dass ich an allen Produktionsschritten beteiligt bin, dass ich sehe, wie etwas unter meinen Händen entsteht.“ Wieder nicken alle. Die ganzheitliche Arbeit, die Möglichkeit von A bis Z an einer Arbeit zu bleiben, zu sehen, was man geschafft hat – das fehle manchmal in anderen Bereichen der Werkstatt. Alle loben sie den kleinen Bereich, die Teamarbeit, das eingespielte Miteinander, die Konstanz der Mitarbeiter.
Freitagskuchen
Und: Sie loben natürlich den Freitagskuchen. Das war eine Idee von Konditormeister Volkmer, der der Meinung war, der Wochenausklang solle eine Freude beinhalten. So setzen sie sich jeden Freitag vor Arbeitsschluss zusammen und probieren den Projektkuchen des Tages: Jede*r Mitarbeiter*in darf sich an dem ausprobieren, was er oder sie mal kosten und/oder ausprobieren möchte: Das kann eine komplexe Torte sein oder Zimtschnecken, reich verzierte Cupcakes oder ein Kuchen, bei dem Orangen mit Stiel und Stumpf gekocht und dann püriert werden. So gehen alle mit einer Belohnung nach Hause; mit leckerem Kuchen, einer angenehmen Unterhaltung und der betreffende Kollege mit dem Erfolg „seines“ Kuchens.
All das schafft ein Miteinander, eine gelebte Toleranz, da sind sich alle einig. Zudem könne man sich im hauswirtschaftlichen Bereich der WfbM – also auch in der Backstube – ausbilden lassen, zum Konditor, zur Konditorin etwa.
Was verbessert werden könnte
Und was ist bei all der Harmonie nicht so schön, was könnte anders werden, frage ich in die Runde? Hm. „Es sollte noch jemand eingestellt werden, also ein Gruppenleiter, das Backstubenteam sollte verstärkt werden, so dass wir nicht auf andere Abteilungen aufgeteilt werden, wenn Herr Volkmer mal in Urlaub oder krank ist.“ Für das Café hat sie auch noch Ideen: Man könnte doch auch, spätestens in zwei Jahren, wenn das neugebaute Café eröffnet wird, je zwei kulturelle Veranstaltungen dort anbieten, Lesungen, Theater und dergleichen?
Und was wünscht sich der Vorgesetzte? Der möchte eine bessere Verzahnung der sozialen Dienste, um die Menschen mit Behinderungen noch besser fördern zu können: „Es gibt das betreute Wohnen, die Betreuer, die Gruppenleiter und und und. Aber der eine weiß nicht, was der andere tut.“
Und natürlich wünscht er sich, dass das Stigma, unter dem die psychisch erkrankten Menschen leiden, kleiner wird: „Die ‚Normalen‘ sollten mal ihre Scheuklappen abnehmen“ sagt er und: „Was hier in der Werkstatt funktioniert, kann doch auch draußen funktionieren. Doch da gibt es wenig Berührungspunkte und das ist schade.“
Die Gemeinschaft nickt, und ich lasse diese Stimmung ein wenig auf mich wirken.
Die Backstube in Corona-Zeiten
Wie war denn eigentlich alles in Corona-Zeiten, frage ich?
Viele Veränderungen, viele Hygienevorschriften, viel mehr Ängstlichkeit. Doch im Endeffekt hätten sie auch sehr viel Wertschätzung und Dankbarkeit erlebt, als dann alles wieder losging, als man zur Arbeitsstruktur und Kuchen zurückkehren konnte, sowohl bei den Kunden wie bei den Mitarbeitern. Spontan hätten sie sogar aus dem Fenster heraus verkauft, das habe aber wieder eingestellt werden müssen, dem heiligen Bürokratius sei Dank.
Wir trinken noch ein Tässchen Kaffee und noch eins. Fast haben wir Lust, auf das Gespräch mit Sekt anzustoßen. Doch der Kuchen ist verputzt. Dann steht Frank Volkmer auf und lässt durchblicken, dass man noch ein bisschen was zu tun habe.
Text von Cornelia Schmitz
Fotos: AlexOffice
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