In Teil 11 der Beitragsreihe »Masters of Horror« lernen wir Vincent Price kennen, einen US-amerikanischen Schauspieler der älteren Generation, der uns vor allem durch seine Rollen in Horrorfilmen bekannt ist. J. T. (AlexOffice), unser Kenner und Liebhaber des Horror-Genres, stellt uns Price und eine Auswahl der Gruselstreifen, in denen er mitgewirkt hat, vor.


 

»Masters of Horror« – Teil 11 – Vincent Price

 


 

Vincent Price (Foto-Illustration von J. T.)

Bisher wurden in dieser Reihe Autoren, Filmemacher sowie Videospiel-Entwickler vorgestellt, doch manch Schauspieler, dessen Darstellung beim Publikum tiefe Eindrücke hinterließ/-lässt, sollte hier auch bedacht werden.

Darunter ganz gewiss der aus St. Louis, Missouri stammende Darsteller Vincent Leonard Price Jr. (*27.05.1911 | †25.10.1993).

Becoming Vincent Price

Price machte sich zunächst als Theaterschauspieler in London einen Namen. Im Jahr 1938 nahm er seine erste Filmrolle in Service De Luxe wahr, neben Boris Karloff ein Jahr später in „The Tower Of London“ (dt. Titel „Der Henker von London“) von 1939. Wiederum ein Jahr später folgte der erste Science-Fiction-Horrorfilm mit Price in der Hauptrolle: „Der Unsichtbare kehrt zurück“.

Filmplakat zu „The Raven“ mit Vincent Price, Peter Lorre, Boris KarloffErst 1960 begann eine dauerhafte Zusammenarbeit mit dem damals sehr umtriebigen Roger Corman in der ersten Poe-Verfilmung „The Fall Of The House Of Usher“ (dt. Titel „Die Verfluchten“). Der am Shakespeare-Theater geschulte Price spielte kongenial den geisteskranken Roderich Usher und schöpfte hier scheinbar seinen gesamten mimischen Facettenreichtum aus.

Dann folgten zahlreiche weitere Poe-Inszenierungen wie „Pendel des Todes“ (nach der Erzählung „Pit and Pendulum“), „Lebendig Begraben“ („Premature Burial“) und „Rabe – Duell der Magier“ (nach einem durch Poes Gedicht „Raven“ inspiriertes Drehbuch von Science-Fiction-Autor Richard Matheson). 1962 folgte eine Lovecraft-Verfilmung: „The Haunted Palace“ („Folterkammer des Hexenjägers“).

In „Der Grauenvolle Mr. X“ (1962, Corman), einem Episodenfilm nach drei Kurzgeschichten Edgar Allan Poes, glänzte Price hinlänglich auf seiner gesamten mimischen Klaviatur.

In „The Last Man On Earth“ (1964) nach dem dystopischen Roman von Richard Matheson („I Am Legend“) spielte Vincent Price erneut die tragende Hauptrolle, musste sich hier nach einer weltumspannenden Pandemie gegen untote Vampire behaupten, wie drei Jahrzehnte später Will Smith im mindestens äußerst gelungenen Remake.

Price war ein äußerst vielseitiger Charakterdarsteller. Dies hatte er bis zu diesem Film bereits vollumfänglich unter Beweis gestellt. Den raschen Wechsel konträrer Gemütszustände beherrschte der leidenschaftliche Koch und Kunstsammler grandios.

Im selben Jahr kam es wieder zur Zusammenarbeit mit Corman. Wieder eine Verfilmung eines Poe-Klassikers: „Die Maske des roten Todes“ (dt. Titel: „Satanas – Schloss der blutigen Bestie“). Wie mit minimalsten Mittel maximale Unbehaglichkeit erzeugt werden kann, lehrte Price in diesem trashigen Kostümfest. Sowohl Price als auch Corman waren Verehrer und Kenner des literarischen Werks E. A. Poes.

Hier nun einige herausragende Genre-Klassiker mit Price jeweils in der Hauptrolle …

The Abdominable Dr. Phibes

(dt.: „Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes“ | 1971)

In „Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes“ aus dem Jahr 1971 mimte Price den bitterböse-zynischen Dr. Anton Phibes. Nach womöglich losen Vorbildern so grausamer Superschurken wie Dr. Mabuse, Fu Manchu oder Fantomas schien Robert Fuest ein eigenes Monstrum erschaffen zu wollen. Mit Dr. Phibes war die perfekte Vorlage für „Jigsaw“ aus dem „Saw“-Franchise geboren. Denn hier werden im Grunde alle Abgründe der Phantasie in Bezug auf Folterinstrumentarien (ohne Gore) dargeboten. Phibes rächt den Tod seiner verstorbenen Gemahlin. Price musste für die Rolle des arg entstellten Phibes täglich mehrere Stunden in die Maske – mehrere Schichten Kollodium wurden hier verwendet.

Im Rückblick wirkt der Film leicht antiquiert, ist aber durch die darstellerische Brillanz der Ausnahmeerscheinung Price noch immer von hohem Schauwert.

Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes (Trailer, deutsch, 2 screenshots, YouTube)
Zwei Screenshots aus YouTube (NSM Records): „Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes (Trailer, deutsch)

Nach einer eher unwürdigen Fortsetzung der Untaten des Blutbarons Phibes kam ein besonders verstörender schwarzhumoriger Schocker mit „Theatre Of Blood“ (dt. Titel „Theater des Grauens“) in die Welt des Horror-Kinos.

Theatre Of Blood

(dt.: „Theater des Grauens“ | 1973)

Der gescheiterte und tot geglaubte Shakespeare-Mime Edward Lionheart beginnt einen grausamen Rachefeldzug an seinen Kritikern, die ihn folgenschwer verrissen hatten. Lionheart nimmt sich hierzu je Racheakt Vorbilder aus Shakespeares Dramen. Er beweist seine Intelligenz und sein Genie nun durch sein Schauspiel und trickreiches Vorgehen, welches die Londoner Polizei ein ums andere Mal ins Leere laufen lässt. Lionheart bleibt seiner Shakespeare‘schen Linie treu und entkommt den Fängen des Gesetzes bis zuletzt und stürzt mit seiner leblosen Tochter (Diana Riggs) in den Armen in einen nicht ganz ruhmlosen Tod…

Diese bitterböse britische Gesellschaftssatire wurde der persönliche Favorit von Vincent Price. Bei der Produktion lernte er seine zweite Gattin Coral Browne kennen, beide heirateten noch während der Dreharbeiten.

House Of The Long Shadows

(dt.: „Haus der langen Schatten“ | 1983)

Ein Fest für Fans der Genre-Klassiker der Hammer Studios und ein großes Stelldichein, denn neben Price bekamen auch Christopher Lee und Peter Cushing hier ihre Bühne. Keine kostspielige Produktion, doch ein sehr wirkungsvolles Kammerspiel. Dieser Film belegt die Wirkung der Kunst des seinerzeit schon anachronistischen Gruselfilms, dessen wahre Stärke im Minimalismus lag. Er markiert auch eine Zeitenwende, steht symbolisch für den Abschied der alten Filmikonen der Generation Price: Christopher Lee, Peter Cushing, Jack Palance und einige markante Charaktere mehr.

Der Plot ist rasch erzählt: Junger Autor versucht binnen 24 Stunden, einen Roman fertigzustellen, die Atmosphäre soll einen entscheidenden Einfluss haben. Die stürmische Nacht, die er in dem verlassenen Herrenhaus zubringt, wird ein SEHR schauriges Spiel aus Licht und Schatten…


Nach House Of The Long Shadows“ kam es für Vincent Price zu kaum erwähnenswerten Rollen mehr, außer vielleicht 1990 in Tim Burtons „Edward mit den Scherenhänden“.

Trotz der Vielzahl an Pulp-Filmen, in denen Price mitwirkte, muss man rückblickend zugestehen, dass er jedem dieser Filme einen gewissen intellektuellen Charme verlieh und seine darstellerische Tiefe ein besonderes Qualitätssiegel sicherte.

Im Herbst 1993 starb Vincent-Leonard Price Jr. im Alter von 82 Jahren. Seine erfolgreichste Phase lag in den 1950ern bis Ende der 1970er.

Ein Beitrag von J. T. (AlexOffice)

Weiterführender Link
Vincent Price – Wikipedia

Bilder
• Titelbild (Ausschnitt): Vincent Price in „House on Haunted Hill“ 1959 via www.pickpik.com
• Vincent Price als Foto-Illustration von J. T.
Filmplakat zu „The Raven“ mit Vincent Price, Peter Lorre, Boris Karloff via www.picryl.com
• 2 Screenshots (animiertes gif von B. Minnich) aus: YouTube (NSM Records): „Das Schreckenskabinett des Dr. Phibes (Trailer, deutsch)


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