In ihrem Artikel »My Body my Choice – das Recht auf Abtreibung« lässt uns Marie-Louise Buschheuer, Kollegin und sternenruferin aus dem AlexOffice an ihren persönlichen Erfahrungen zu diesem sensiblen Thema teilhaben, gibt wichtige Hintergrundinformationen und feiert die Abschaffung des Paragrafen 219a StGB in Deutschland.

Da es sich um sensible Inhalte handelt, setzen wir an dieser Stelle eine ***Triggerwarnung***.


 

My Body my Choice – das Recht auf Abtreibung

 


 

Amerika hat das konstitutionelle Recht auf Abtreibung gekippt, während in Deutschland der Paragraf 219a des StGB abgeschafft wurde. My Body my Choice – überall auf der Welt wird auf das Recht auf Abtreibung hingewiesen, demonstriert und gefordert.

Was damit der Kleiderbügel zu tun hat und warum ich das Recht auf Abtreibung und mehr noch die Aufklärung für absolut wichtig halte, erzähle ich euch heute.

Fragwürdige Methoden

Wir leben in einer Zeit, in der Abtreibungen je nach Zeitpunkt der Schwangerschaft auf vielfältige Weise durchgeführt werden können: im frühen Stadium gibt es Tabletten, bei schon fortgeschrittener Schwangerschaft bis zur 12. Woche kommt es zu einem operativen Eingriff.

Doch es war nicht immer so. Vor allem hatten Frauen nicht immer das Recht auf Abtreibung oder das Geld dafür. Es gab und gibt immer noch viele andere Methoden – die leider nicht unbedingt sicher für die Frauen sind.

Die „einfachste“ war sicherlich der Treppensturz: Frauen stürzten sich bewusst Treppen hinab, um die Schwangerschaft zu beenden. Verletzungen wurden und werden in Kauf genommen um kein Kind zu bekommen.

Kräuter wie Mutterkorn oder Chemikalien wie Blei oder Chinin, das absichtliche Weiten des Muttermundes … es gab und gibt viele Methoden, die jedoch gefährlich sind und oftmals das Leben der Mutter beenden.

Derzeit wird der Kleiderbügel als Symbol für den Kampf um das Recht auf Abtreibung, für das Recht auf Selbstbestimmung verwendet. Doch was steckt dahinter?

Der Kleiderbügel

Der operative Schwangerschaftsabbruch findet heutzutage unter Vollnarkose statt, dabei wird der Fötus aus der Schleimhaut in der Gebärmutter gelöst und entfernt, zusammen mit dem Gewebe. Beschönigt dargestellt.

Doch wie macht man das, wenn kein Arzt, kein OP, keine Vollnarkose, zusammengefasst gesagt, keine medizinische Versorgung vorhanden ist?

Man macht es selber oder bittet eine andere Person darum, es zu machen. Mit einem spitzen Gegenstand, der in den Uterus eingeführt wird. Meistens ohne Betäubung. Selten steril. Immer hochgefährlich.

Einer dieser Gegenstände war und ist der Kleiderbügel. Nicht der aus Holz oder Plastik, den wir aus unserem Kleiderschrank kennen, sondern dieses billige Drahtgestell, welches wir oft aus Reinigungen kennen.

Diese dünnen, biegbaren Kleiderbügel wurden passend gebogen und in den Unterleib eingeführt um den Fötus aus seinem „Nest“ zu lösen.

Viele der Menschen, die diese Art der Abtreibung durchführen, machen das nicht zum ersten Mal, sie sind oftmals jene Frauen, an die man sich wendet, wenn man Hilfe braucht. Und gerade in der westlichen Welt sollte das nicht nötig sein.

My Body my Choice

Mein Standpunkt sollte eigentlich schon klar sein, dennoch fasse ich ihn einmal zusammen: ich bin voll und gänzlich für das Recht auf Abtreibung. Daher feiere ich auch ziemlich, dass der Paragraf 219a gestrichen wurde.

Der sogenannte Werbeparagraf verbot es bisher, dass Ärzte auf ihren Homepages oder in Flyern über Abtreibung sprachen, informierten oder mitteilten, dass sie eben jene durchführten.

Hinter meinen Standpunkt steht wieder einmal eine persönliche Geschichte: vor etwa sechzehn Jahren, mit Mitte zwanzig, wurde ich schwanger. Und der Moment, der für die meisten Frauen in diesem Alter mit Freude verbunden ist, wurde für mich zum Horror. Denn zum einen erfuhr ich es erst einen Monat, nachdem es in der Klinik festgestellt wurde und zum anderen war ich zu diesem Zeitpunkt schwerst psychisch krank, nahm starke Psychopharmaka und war eigentlich kaum in der Lage, mein eigenes Leben auf die Reihe zu bekommen.

Hinzu kam eine absolut toxische Beziehung, was ich aber damals nicht wahrnahm. Binnen Wochenfrist musste ich mich entscheiden, alle Gespräche wahrnehmen und den Abbruch durchführen lassen. Ich konnte also gar nicht richtig abwägen, das aber nur am Rande.

Problematisch war es für mich nicht, den passenden Arzt zu finden, denn meine Hausärztin hatte gute Kontakte zu einer Frauenärztin, die einen Arzt kannte, der … ihr merkt schon: es klingt wie Vetternwirtschaft.

Vorwärts und Rückwärts

Und daher sehe ich die Abschaffung des Paragrafen als großen Fortschritt.

Und die Geschehnisse in den USA als Rückschritt.

Zu einer Schwangerschaft gehören immer zwei Personen, das ist klar. Aber schlussendlich ist es die Frau, die das Kind austrägt, die ihr Leben komplett ändern muss und sich für den Rest ihres Lebens in eine ziemliche Verantwortung begibt. Sicherlich, in den meisten Fällen trifft das auch auf den Vater des Kindes zu, aber oft genug kommt es vor, dass die Mutter noch vor der Geburt oder in den ersten Monaten danach verlassen wird.

Es gibt Frauen, die werden ungewollt schwanger, es gibt Frauen die nach einer Vergewaltigung schwanger werden und es gibt Frauen, die wollen einfach kein Kind. Kein Verhütungsmittel wirkt zu 100 %.

My Body my Choice – wenn ich für mich entscheide, ich möchte keine Kinder, aus welchem Grund auch immer, dann hat mein Umfeld das zu respektieren. Unsere Urgroßmütter sind nicht für die Frauen auf die Straße gegangen, damit Abtreibungen wieder in schmierigen Zimmern mit unsterilen Materialien vorgenommen werden müssen.


Marie-Louise Buschheuer
sternenruferin.de

Foto (bearbeiteter Ausschnitt) von Andrej Lišakov auf Unsplash


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