Dass der Hollywood-Star Sylvester Stallone nicht nur durch Filme, sondern auch durch Pinsel und Farben von sich reden macht, überraschte J. T., einen Kollegen aus dem AlexOffice und inspirierte ihn zu seinem Artikel »Rocky malt?«. 


 

»Rocky malt?«

Eine Hollywood-Legende in Hagen

Der mittlerweile 75jährige New Yorker Michael Sylvester Gardenzia Stallone war kürzlich im westfälischen Hagen, am „Tor zum Ruhrpott“, zum Anlass einer Ausstellung seiner Bilder. Diese blieben der breiten Öffentlichkeit lange verborgen. Ein Grund dafür mag die Tatsache sein, dass Stallone seine Leidenschaft eher aus therapeutischen Beweggründen betreibt – und das seit seiner Kindheit.

Intime Einblicke

Sein ältestes und wohl persönlichstes Bild zeigt einen Mann, der einsam eine Landstraße in Richtung City unterwegs ist, die lichterloh in Flammen steht. Ein Weg und kein Zurück. Es gibt keine Wahl. Dem Inferno muss er sich stellen.

Aus den Bildern – mit Öl oder Acryl und verschiedenen Utensilien gemalt – liest man viel Düsteres, die inneren Widerstände aus der schwierigen Beziehung zu seinem Vater, aber auch zärtliche Begegnungen zwischen müßigen Figuren, die so verbunden wie im Kontrast zueinander zu stehen scheinen. Ein innerer Kampf trotzt jedoch stets der schwermütigen Grundstimmung wie der scheinbaren Zerrissenheit, welche eine Art Ariadnefaden* durch Stallones Werk bilden. Doch stellen sich diesem Grundton auch grelle Farbtöne entgegen. Jeder davon scheint sich, wie kindlich naiver Lebenswille, gegen die Finsternis, die sie umgibt, stellen zu wollen.

Nach Ausstellungen in Los Angeles, Nizza und Berlin fiel die Wahl ausgerechnet auf Hagen, eine Kleinstadt am Rande des Sauerlands und des Ruhrgebiets.

Damals & Heute

Der Hollywood-Star, der in den 1980ern in direkter Konkurrenz zu Arnold Schwarzenegger stand und heute eine enge Freundschaft zu ihm pflegt, hat gerade eine schwierige Rücken-OP hinter sich, weshalb er sich kaum bücken und sich die Schuhe binden kann – ein Umstand, der ihm selbst sehr unangenehm ist.

Gegenüber den Journalisten von der DPA erklärt der sichtlich gealterte und etwas abgekämpft wirkende Actionheld, dass es beim Malen nur ihn und seine Seele gebe. Es sind über fünfzig Originale, die seine „Best Of Life“-Ausstellung umfasst, darunter auch einige aus Jugendtagen, den 1960ern nämlich.

Innere Dämonen

Die Querelen mit seinem Vater, zu dem keine natürliche Papa-Sohn-Dynamik bestand, haben in dem Künstler „Sly“ den Kampfgeist genährt, der ihm später zum Erfolg verhalf. Es gibt zahlreiche prominente Beispiele, die den gleichen Grundstein zu einer ähnlichen Entwicklung lieferten, doch erweckt Stallone an diesem Morgen nicht den Eindruck, als würde er seine Kindheit allzu sehr ausschlachten wollen.

Stallone – persönlich!

Es gibt viel zu entdecken und zu deuten bei dem Kämpfertyp Stallone, der am Tag der Ausstellung eine gelassene und ironische Distanz zu seiner Kunst zeigt. Er ist nicht der Typ, der sich in der Öffentlichkeit ‚seelisch‘ exhibitioniert, doch er gibt sich nahbar und als Privatmensch, der gerade mal reinschaut um ein bisschen zu plaudern. So erklärt er z. B. vor der Presse lachend, dass seine Motive aus zig Zu- und Unfällen entstanden sind.

Ein Blick in Slys Abgründe

Den tiefsten Eindruck hinterlässt das eingangs erwähnte Bild von dem Mann mit Hut, der einsam den Highway auf die Großstadt in Flammen zuläuft. „Entweder Du schaffst es dort oder Du verbrennst“, sagt Stallone in einem Interview. Ausweichen oder Umkehren scheint keine Option …

J. T. ;*


* Anm. d. Red.:
Der „Ariadnefaden“ steht für etwas, das durch Wirrnis hindurchleitet, aus einer unüberschaubaren Situation heraushilft.

Ausstellung im Osthaus Museum Hagen:
»Sylvester Stallone – Retrospektive zum 75. Geburtstag« (4. Dezember – 20. Februar 2022 )

Titelfoto (Ausschnitt): Sylvester Stallone im Atelier © Galerie Gmurzynska


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