In ihrem Artikel »30 Jahre Straßen-(Magazin)« gibt Cornelia Schmitz aus dem AlexOffice der „Stimme der Straße“ ihre Stimme – dem Kölner Straßenmagazin DRAUSSENSEITER.


 

30 Jahre Straßen-(Magazin)

DRAUSSENSEITER Köln – Die Stimme der Straße

DRAUSSENSEITER Köln – Die Stimme der Straße (Foto: Britta Gallinat)

Schon der Name mit seinen vielen Bedeutungen gefällt mir: „DRAUSSENSEITER“ heißt das Straßenmagazin, das seinen wohnungslosen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen nicht nur eine Stimme, sondern vor allem auch Einnahmen verschafft. Und natürlich ist nicht nur der Name gut gewählt, auch die Idee dahinter ist überzeugend:

Der Verkäufer „bettelt“ nicht, sondern verkauft etwas, ein gelungenes Produkt, eine Zeitschrift, die sich sehen lassen kann und für die viele ihrer Verkäufer vielleicht selbst einen Artikel verfasst haben. Der Händler kann also durchaus stolz sein Blatt anbieten. Und damit bringt die Zeitschrift den obdachlosen Kollegen nicht nur Stimme und Einnahmen, sondern vor allem auch – Selbstrespekt.

Das habe ich selbst einmal sehr deutlich erlebt: Ich hatte in der Bahn ein wunderbares Verkaufsgespräch mit dem Anbieter, nämlich, als ich ihm sagte, dass ich den „DRAUSSENSEITER“ richtig gut finde. Meinte ich auch so; ich lese die Zeitung gern, u. a., weil sie sich wohltuend von anderen Zeitungen abhebt. Da erzählte er mir so einiges über Straßenzeitungen: wer was dafür schreibt, was sie kosten, welche Unterschiede es in den verschiedenen Städten gibt, dass er selbst auch seine eigene Zeitung am besten findet, usw. Und mit unverkennbarem Stolz teilte er mit, dass ein Artikel von ihm selbst in der Ausgabe stünde. So. Wir plauderten noch ein Weilchen über dies und jenes, ich kaufte drei Ausgaben und wir verabschiedeten uns mit einem beidseitigen guten Gefühl. Das tat gut.

Und was steht drin im „DRAUSSENSEITER“?

Aktuell etwas sehr Gelungenes. Denn das Magazin feiert gerade ein wichtiges Jubiläum: Die erste Ausgabe erschien bereits vor 30 Jahren! Das Blatt ist damit die älteste Straßenzeitung Deutschlands. Ein schöner Erfolg, zu dem ich herzlich gratuliere.

Die Jubiläumsausgabe für den Dezember ist ganz besonders speziell: Sie ist in Kooperation mit dem noch recht jungen Verein „Literaturszene Köln“ entstanden. Für diese Folge hat Chefredakteurin Christina Bacher die bekannte Literaturkritikerin Elke Heidenreich gewinnen können, welche sich mit dem belesenen Straßenzeitungsverkäufer Lothar Schmieding zum Gespräch im Literaturhaus getroffen hat. Außerdem schreiben in der Ausgabe sechs renommierte Kölner Autorinnen und Autoren zum Thema Hoffnung und haben hierfür exklusiv Texte verfasst: Brigitte Glaser, Seyda Kurt, Enno Stahl, Sabine Schiffner, Leo Leowald und Samy Challah. Bekannte Namen also, alle in diesem Blatt versammelt, das man für literaturaffine Menschen als stimmungsvolles Weihnachtsgeschenk unter den Baum legen könnte. Denn was ist Weihnachten anders als Hoffnung?

Und was steht sonst so drin? Na, Geschichten aus dem Leben, erzählt von Leuten aus dem Leben: ungesehene Seiten der Stadt, soziale Themen, die Kölner interessieren. Oder auch, wie der „DRAUSSENSEITER“ schreibt:

„Kultur ohne Eintrittskarte. Die schönsten Plätze zum Verweilen. Rezepte für einen Euro. Oder Wegweiser durch den Behördendschungel. Vor allem aber werden die Geschichten von besonderen Menschen erzählt – von Promis und Menschen ohne Namen, von Bürgern mit Herz und Menschen wie du und ich.“

Die Zeitschrift erscheint einmal im Monat und dieses Jahr war sie sogar für einen Preis nominiert, und zwar in der Kategorie „Beste Verkäuferkolumne weltweit“ bei der Tagung des „International Network of Streetworkers“ in Mailand. Die vormals obdachlose Linda hat für das Magazin 10 Jahre lang über das Straßenleben berichtet – gesehen aus der Sicht ihres Hundes „Clayd“.

Und warum erzähle ich das alles? Weil ich, wie ich jetzt schon so an die 20mal gesagt habe, die Zeitung sinnvoll und gut finde.

Aber vor allem auch – gerade in diesem Blog – weil ich als bipolarer Mensch genau weiß, wie schnell man auf der Straße landen kann. Manch ein „Normalbürger“ denkt vielleicht mitleidig/verächtlich, das könne ihm oder ihr niemals passieren – bis dann der erste Schicksalsschlag kommt, dazu Probleme im Job, Angst vor allem Möglichen, man tröstet sich jeden Tag ein wenig mehr mit der Flasche, macht irgendwann die Post nicht mehr auf…

Da ich also weiß, wie schnell es geht, wäre ich in einer solchen Situation sicher froh über gute Hilfsprojekte und lege euch somit die Zeitschrift – wenn ich es bis hierhin noch nicht getan habe – ans Herz.

Ein Beitrag von Cornelia Schmitz 

Bilder entnommen der Homepage www.draussenseiter-koeln.de

… und hier erfahrt ihr noch mehr über das Straßenmagazin:


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