In seiner »Kleinen, augenzwinkernde Kulturgeschichte der Hauskappe« stellt uns L.S. (AlexOffice) eine historisch dauerhaft beliebte Kopfbedeckung für Männer vor, die er auch selbst gern trägt.


 

Plädoyer für ein männliches Accessoire


»Kleine, augenzwinkernde Kulturgeschichte der Hauskappe«

Die Kappe als säkularer, ergänzender Teil der Bekleidung grenzt sich von anderen Kontexten, z. B. frühneuzeitlichen Doktorhüten, studentischen „Tönnchen“, „Schiffchen“, Baretten, Biretten, der religiös verorteten Kippa, Schtreimel, Takke, Kofia ab. Sowohl praktischen Nutzens, einem warmen Kopf an kühlen Tagen, wie auch als modisches Accessoire des Mannes begann sie ihren Siegeszug während der italienischen Renaissance über ganz Europa hin ­und ist seither mit mehr oder auch weniger gebräuchlichen Formen als Hauskappe, wenn auch eher selten, so doch recht kontinuierlich über die Jahrhunderte anzutreffen. Die nachfolgende Galerie zeichnet Entwicklungslinien nach und möchte dazu anregen, den mentalen Schritt zur im Haus getragenen Kappe, ohne Schirm und Krempe, zu wagen.

Gemälde-Ausschnitt: Antonello da Messina (1430–1479) - Portrait of a Man - National Gallery London Sowohl auf den Straßen wie auch im Haus gern gesehen: die Kappe feiert während der Renaissance in Italien fröhliche Urstände. Scharf ist sie von akademischen und religiösen Kopfbedeckungen abzugrenzen!
Cosimo de’ Medici. Posthumes Gemälde von Jacopo da Pontormo, um 1519/1520. Florenz, Uffizien Cosimo de Medici (1389 – 1464) als gut behüteter Padrone: üppig, samtig, gern in Rot, Farbe der potestas.
Porträt des Jakob Fugger, Albrecht Dürer (um 1519) Jakob Fugger (1459 – 1525) trug, um sich vor dem kalten Augsburger Wind zu schützen, Hauskappen, gern in den Farben des Familienwappens, blau-golden.
Rembrandt: Selbstporträt, 1660, Kenwood House in London (Ausschnitt) Auch Rembrandt van Rijn (1606 – 1669) schätzte sie – dennoch schwere Zeiten für die Hauskappe: eher minimalistisch konzipiert, wird der prachtliebende, absolutistische Frühkapitalismus sie bis zur Unkenntlichkeit ausstaffieren. Die Übergänge zum Barett sind oftmals fließend geworden.
Joseph Vivien (1657 - 1734): Clemens August von Bayern mit Teetasse (Ausschnitt) Der kölnische Kurfürst Clemens August (1700 – 1761) in spätbarocker Mischform zur sprichwörtlichen „Schlafmütze“ genießt eine Tasse heißer Schokolade.
Christoph Martin Wieland, Gemälde (Ausschnitt) von Gerhard von Kügelgen, 1808, Universität Tartu Christoph Martin Wieland (1733 – 1813), aufklärender Rokoko-Schriftsteller, Goethe-Freund und heute viel zu wenig gelesen, wusste eine Hauskappe sehr wohl zu schätzen.
Carl Spitzweg (1808 - 1885), Der abgefangene Liebesbrief (Ausschnitt) Sie wird wieder bei der breiten Masse „in“: das Biedermeier feiert die Hauskappe als Inbegriff der Gemütlichkeit.
Charles François Gounod (1818 - 1893), Fotografie (Ausschnitt) von Nadar (1820 - 1910) Charles Gounod (1818 – 1893), ein Komponist von patriarchisch anmutender Erscheinung. Als Accessoire durfte die Hauskappe nicht fehlen.
Wilhelm Busch: Lehrer Lämpel aus "Max und Moritz" (Ausschnitt) Wilhelm Buschs (1832 – 1908) „Lehrer Lämpel“ ohne Hauskappe? Undenkbar.
Kevin Kline als Artemus Gordon in "Wild Wild West" (1999) Wild Wild West: Steam Punk wird massentaugliches Phänomen. Kevin Kline als Artemus Gordon setzte mit Will Smith 1999 modische Akzente.
Michael Gambon als Albus Dumbledore in "Harry Potter and the Prisoner of Azkaban" Millionen Menschen vertraut: Michael Gambon als Albus Dumbledore in der Harry-Potter-Heptalogie trug eine bestickte Hauskappe mit goldener Quaste.
Hauskappenträger L.S. 2023 Mit den Worten „Don’t be a square, Wern“, beschloss der Autor im Jahr 2014, sich dem Club der Hauskappen-Träger beizugesellen. Er bevorzugt schwarze Samtkappen, weich und formbar.

 

Ein Beitrag von L.S.

Titelbild: Ausschnitt eines Gemäldes von Pinturicchio: „Nr. 3 – Frederick III krönt Enea Silvio Piccolomini mit einem Lorbeerkranz“ (Wikimedia Commons)
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