»Kooperation ist stärker als Konkurrenz« – zu diesem Schluss kommt Cornelia Schmitz aus dem AlexOffice, nachdem sie über die Vor- und Nachteile von Zusammenarbeit und Einzelkampf nachgedacht hat. Sie plädiert dafür, „in allen Belangen zusammen[zu]arbeiten“ und findet dies „auch wesentlich freudiger, erlösender, angstlösender und motivierender“. Was die Umsetzung der Methode „Kooperation“ in der Realität betrifft, ist Cornelia allerdings eher pessimistisch. – Vielleicht seht ihr die Situation ja anders und habt eine andere Meinung …

Sollte euch der Pessimismus im Zusammenhang mit diesem Thema triggern können – denn es handelt sich um sensible Inhalte – raten wir von der Lektüre des Schlussteils ab.


 

»Kooperation ist stärker als Konkurrenz«

Die Überschrift klingt erstmal verblüffend. Denn wir haben gelernt, dass „Konkurrenz das Geschäft belebt“, dass der Wettbewerb alles ist, und dass vor allem in der Natur das Recht des Stärkeren vorherrscht. Doch es gibt dieses Zitat schon seit längerem; ich habe leider den Urheber nicht mehr im Internet gefunden.

Auf den ersten Blick leuchtet also vollkommen ein, dass Wettstreit das Beste in uns fördert und, naja, ein paar halt Letzte werden und auf der Strecke bleiben. Aber im Großen und Ganzen, so finden wir, ist der stete Vergleich das, was uns antreibt. Und wir finden das auch ganz in Ordnung.

Doch so ganz stimmt das nicht. Die Wissenschaft hat inzwischen herausgefunden, dass Kooperation – gelingende Zusammenarbeit also – insgesamt wesentlich bessere Resultate hervorbringt und vor allem: auch viel mehr Spaß macht als das ewige Rennen einzelner Individuen um die Medaillen. Wir müssten diesen Grundsatz nur kennen und ihn beherzigen.

Und dann käme buchstäblich alles ins Lot.

Doch es gibt einen Haken und zu dem komme ich gleich.

Zuerst ein Beispiel aus der Biologie: Vor Jahren sah ich ein naturwissenschaftliches Experiment mit ein paar Rabenvögeln. Das sind schlaue Burschen und sie stellten sich auch nicht dumm an, bis auf eine Sache:

Die Versuchsanordnung war so aufgebaut, dass sich die Klappe zum Futter öffnete, wenn ein Tier – oder je abwechselnd ein anderes – den Hebel zur Öffnung betätigte. Solange ein Rabe auf dem Hebel stand, rollten die Nüsse. Doch sobald der Rabe auf dem Hebel sah, dass seine Kameraden zum Futter stürzten, verließ er sofort den Schalter und eilte zur Nuss, um auch etwas abzukriegen. Die Nüsse wären endlos weitergerollt, wenn die Tiere sich abgewechselt hätten, doch das begriffen sie nicht. Sie hatten zwar schnell raus, wie sie den Hebel betätigen mussten, um an die Belohnung zu kommen – draufstellen – doch der zweite Schritt – Nüsse ohne Ende durch Kooperation – der gelang ihnen nicht.

Ich nehme an, Menschen sind genauso.

Apropos Biologie: Wir glauben seit Charles Darwin, dem Begründer der Evolutionstheorie, dass in der Natur eben „the survival of the fittest“ vorherrscht: die Herrschaft des Stärkeren also. Doch das ist damit nicht gemeint; eigentlich bedeutet „fit“ die Herrschaft des am besten angepassten, die Herrschaft desjenigen, der selbst unter widrigen Umständen Nachkommen reproduzieren kann. Darwin selbst – und das hat mich überrascht, als ich für diesen Blogbeitrag recherchierte – betonte den Wert der Zusammenarbeit. Er konnte nämlich in der Natur ablesen, dass Gruppen oder Gebilde, in denen die einzelnen Mitglieder zusammenwirkten, wesentlich erfolgreicher waren als Gruppen, deren Mitglieder gegeneinander arbeiteten.

Das Prinzip der Zusammenarbeit bedeutet überhaupt nicht, dass es nicht mehr zu individuellen Spitzenleistungen kommen darf (im Gegenteil), oder dass wir alle nur noch in einer AG arbeiten müssten, oder dass die Gruppe besser wäre als das Individuum; es heißt aber, dass wir, auch als einzelne Menschen, in einer – dann hoffentlich wesentlich angstfreieren Atmosphäre – zu besseren Ideen und Ergebnissen kommen könnten, anstatt uns ängstlich an das Eigene zu klammern und nur ja nichts abzugeben.

In der Natur findet man viele Beispiele für gewinnbringende Kooperationen und Symbiosen, ebenso wie Beispiele für Konkurrenz.

So wie in obigem Exempel: Es ist reichlich Futter für alle da und wir kommen alle zum Zug, solange wir uns am Hebel abwechseln (und sicher sind, dass das auch jemand für uns tut). Anstatt uns also im Kampf um die Vorherrschaft alle miteinander in die Luft zu jagen oder den Planeten bis zum Es-geht-nicht-mehr aufzuheizen, wäre es viel sinnvoller (frommer Wunsch), wir würden ab sofort in allen Belangen zusammenarbeiten. Und auch wesentlich freudiger, erlösender, angstlösender und motivierender.

Sobald allerdings einzelne, viele, eine Gruppe oder ein Land ausschert, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen, funktioniert das Prinzip nicht.

Was bedeutet das nun für uns und wo ist der Haken, von dem ich vorhin sprach?

Nun, es wäre für unsere Spezies (und für viele andere Arten) ganz gut, wenn wir Menschen den Wert der Kooperation sehr bald, schlagartig und zeitgleich erkennen könnten.  Und zwar durch innere Einsicht, nicht durch „Nudging“, „Framing“ oder gar unter Zwang, denn damit hätten wir ganz schnell eine Revolte.

Nur: Das alles ist eine Utopie. Ein Vorschlag. Menschen sehen zunächst mal bis zum eigenen Wurstzipfel, die Jacke ist ihnen näher als die Hose. Sich von der Konkurrenz zur Kooperation zu wenden, aus eigenem Antrieb – das wäre so, als wollte der Wolf das Lamm nicht mehr fressen.

Russland ist in den Krieg gezogen, China bringt sich gerade in Stellung, Nordkorea testet mal wieder die Atombombe und so weiter und so fort.

Es ist also leider ausgesprochen wahrscheinlich, dass wir aus der Erde recht bald eine öde Wüste machen; ich wollte nur darauf hinweisen, dass Konkurrenz nicht das Einzige ist, dessen wir Naturwesen fähig sind.

Ein Beitrag von Cornelia Schmitz


Titelfoto (Ausschnitt) von Couleur auf Pixabay 


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