Horror-Fan J. T. aus dem AlexOffice stellt uns in Teil 7 der Beitragsreihe »Masters of Horror« den Briten Clive Barker vor. Seine vielfältigen Werke aus den Genres Literatur, Film, Videospiel und Malerei fordern laut den Worten des Autors „starke Nerven und die Lust, sich manchen der eigenen Urängste zu stellen“. 


 

»Masters of Horror« – Teil 7 – Clive Barker

 


 

Eine Auswahl aus seinem Schaffen

Clive Barker

Clive Barker, 1952 in Liverpool geboren, ist ein etwas abseits stehender Großmeister seines Fachs, bekannt für seine düstere Phantastik (Abarat, Imagica), gleichwohl für seinen derben und intensiven Horror (Cabal – Die Brut der Nacht, Hellbound Hellheart oder besser bekannt unter Hellraiser).

Clive Barkers Books Of Blood

Clive Barker begann sein umfangreiches Oeuvre mit den Books Of Blood (dt.: Bücher des Blutes), die in sechs Bänden erschienen.

Im ersten Buch des Blutes war es der Mitternachtsfleischzug, der durch Londons Untergrund ratterte und so unterhaltsam wie verstörend wirkte, zumindest für die Zensur der damaligen Zeit.

Barker gelang bereits in seinen frühen Erzählungen der Balanceakt zwischen trashigem und lyrischem Stil, auch wenn dieser nicht gleich die breite Anhängerschaft fand und die Schar der Kritiker überzeugen mochte, ihm aber bald eine treue, wachsende Leserschaft einbrachte und nach den ersten drei Bänden sogar den World Fantasy Award. Darauf folgte für die beste Kurzgeschichte Bergland – Agonie der Städte (aus den Büchern des Blutes) der British Fantasy Award. „Nichts für schwache Nerven und zart besaitete Seelen“ hieß es darin im Vorwort vom Kollegen Ramsey Campbell. Tatsächlich mutet Barker seinen Lesern einiges zu. Barker beherrscht sein Handwerk, auch das schier unerträgliche Dehnen des Spannungsbogens, um dann unvermittelt mit dem nackten Grauen zu konfrontieren. Heute lesen sich die books of blood jedoch eher wie Fingerübungen für seine späteren Erzählungen und Romane…

Clive Barker und die Zenobiten

Fan mit Hellraiser-Makeup auf der Comicon Virginia (Foto von Mobilus In Mobili)

In Hellbound Hellheart, der literarischen Vorlage für die Hellraiser-Filmreihe, wird mittels Bedienens eines mystischen Zauberwürfels das Tor zur Hölle geöffnet und die grässlichsten Kreaturen der Unterwelt betreten nun das Diesseits. Angeführt von Pinhead (in der Verfilmung ursprünglich von Doug Bradley verkörpert), dem führenden Antagonisten im Hellraiser-Franchise, werden uns die Zenobiten unmittelbar in ihrer vollen Pracht vorgeführt. (Der Begriff leitet sich von den „Cönobiten“ ab, was das besitzlose Mönchsleben im frühen Mittelalter meint.)

Barkers Geschöpfe lösen einerseits blankes Entsetzen aus, entbehren teils aber auch nicht einer gewissen (unfreiwilligen) Komik. Es schien Barker stets um Ausloten konventioneller Grenzen bis zu totaler Entgrenzung zu gehen, wie auch darum, selbst den bizarrsten Abgründigkeiten etwas Klamauk abzugewinnen. Auf diese Weise schuf er erst seine eigene Liga, dann einen ganz eigenen Kosmos.

Außer ihm ist wohl kaum jemand am Rande des Mainstreams in den Genres Literatur, Film, Videospiel und nicht zuletzt auch in der Malerei vergleichbar erfolgreich gewesen.

Dass diese Kult-Novelle nie ganz in die erste Liga vorrücken konnte, ist insbesondere der wohl nicht allzu komplexen Story und der sadomasochistischen Komponente geschuldet. Und die Verfilmungen sind etwas lieblos geraten, allein die Schockmomente aber lassen die Zuschauer wohlwollend über die flachen Dialoge hinwegsehen. Dennoch ein einzigartiges, originelles Werk und darum Kult! Das spätestens nach dem dritten Teil des Hellraiser-Reihe künstlich am Leben erhaltene Franchise setzt auf Schock- und Ekelmomente und kann kaum unter anderen Gesichtspunkten liefern.

Das Motiv des „Portals“ bzw. des „Tors zur Hölle“ findet sich in vielen weiteren Geschichten, Novellen und Romanen Barkers, so auch in Coldheart Canyon, hier allerdings nicht im leicht viktorianisch beschriebenen England der 1980er, sondern in der kalifornischen Wüste (genauer: in den Bergen Hollywoods) angesiedelt.

Hier wird die Leserschaft bald in eine Fantasy-Welt mit Horror-Elementen gezogen, eher entgegengesetzt als bei Hellraiser

Wie eigentlich immer in Barkers Welt gibt es auch hier offenbar für niemanden ein Entrinnen oder ein Happy End.

Clive Barkers Imagica

Buchtitel "Imagica" – Roman von Clive Barker (Bild bearbeitet)Dieses Fantasy-Epos wird unter Kennern oft als sein Schlüsselwerk bezeichnet. Hier spielt Barker offenbar seine ganze Klaviatur der düsteren Phantastik aus, entführt uns in epische geheimnisvolle Welten – eine Lust, sich in jene entführen zu lassen! Hier mochte Barker den Beweis abliefern wollen, dass er auch Fantasy kann. Der hier und dort gewagte Tolkien-Vergleich ist sicher etwas zu weit hergeholt, macht diese Reise aber nicht weniger lohnenswert. Barker setzt hier von Anfang an seine ganz eigenen Markenzeichen für die Ewigkeit. Die Dialogführung lässt ganz gewiss einige Kritik zu, aber daran werden sich die hartgesottenen „Barkerianer“ nicht stören.

Twists kommen bei Barker gern mal etwas plump daher (ohne dass sich da Erinnerungen an manch verschwendetes Schmökerstündchen mit Fitzek-Produktionen aufdrängen sollen), doch eine lesenswerte, komplexe Geschichte ist diesem Clive Barker, den Stephen King sehr schätzt (King sagte einst: „Ich habe die Zukunft des Horrors gesehen und sie heißt: Clive Barker!“), allemal gelungen.

Clive Barkers Games

Ob Jericho, Demonik oder Undying – in der Welt der Videospiele hat sich Barker ebenfalls verewigt. Mal als Creator, mal als maßgeblicher Berater und Produzent. Um kommerziellen Erfolg kümmerte sich Barker fortwährend, denn es handelt sich bei genannten Spielen hauptsächlich um Ego-Shooter.

Clive Barkers Bilder

„Death Head“ von Clive Barker (Gemälde, 2004)Um Barkers düstere, abgründige Phantasiewelten besser erspüren und das Gesamtbild seines Schaffens vervollkommnen zu können, lohnt sich ein Blick auf seine Malerei – hier findet sich von bizarr-banal bis komplex-verschlungen (und dann umso intensiver…) alles, was sein literarisches Wirken großzügig spiegelt. In manchen Erzählungen finden sich bereits einige dieser Bilder – auf Ausstellungen Barkers wird man in die in seinem erzählerischen Werk angedeuteten Unterwelten dann restlos entführt.

Schlusswort

Vor einigen Jahren erlitt Clive Barker bei einer ärztlichen Behandlung einen toxischen Schock. Seitdem ist es wesentlich stiller geworden um den umtriebigen Briten, der sich bereits früh zu seiner Homosexualität bekannte und gern exzessiver lebte als manch Kollege.

Ein Ausflug in Barkers abseitige Sphären fordert starke Nerven und die Lust, sich manchen der eigenen Urängste zu stellen…;*

Ein Beitrag von J. T. ( AlexOffice)

„Beast Eats Beast Eats Beast“, Gemälde (2002) und Skizze „untitled IR175“ von Clive Barker
Beast Eats Beast Eats Beast“ (Ölgemälde, 2002, publiziert in Abarat III, Visions of Heaven and Hell) und Vorab-Skizze („untitled IR175“) von Clive Barker (Revelations © Phil & Sarah Stikes, The Clive Barker Archive LLP 1998 – 2024)

Weiterführende Links:
• „Clive Barker“ auf Wikipedia
• „Hellraiser – Das Tor zur Hölle (1987) | Filmkritik“ von Stefan Preis (16. März 2022) auf blog-fluxkompensator.de
• „Clive Barker: ein Horror-Multitalent! Kennst du seine besten Bücher?“ von Harald Pfliegl auf manonamission.de
• „Clive Barker – Revelation Interviews“ (Revelations © Phil & Sarah Stikes, The Clive Barker Archive LLP 1998 – 2024) auf clivebarker.info
• „Clive Barker’s Die Seuche“ (Text: Sky) auf www.fernsehserien.de
• „Clive Barker Imaginer Art Books Volumes 4 Through 8“ auf darkregions.com
• „The fantasy world of Clive Barker“ (engl.) auf Youtube
• „Clive Barker interviewed by Craig Ferguson“ (engl.) auf Youtube

Bildquellen:
• Titelbild: © Turbine Medien | in: „Hellraiser – Das Tor zur Hölle (1987) | Filmkritik“ von Stefan Preis (16. März 2022)
• „Clive Barker 2007 im Sci Fi Museum in Seattle“ von Steven Friederich via Wikimedia Commons
• „Fan mit Hellraiser-Makeup auf der Comicon Virginia“ (auf de.wikipedia.org, Foto von Mobilus In Mobili via flickr.com)
• Buchtitel Clive Barker – „Imagica“ (Bild bearbeitet) auf www.bol.com
• „Death Head“ (Gemälde, 2004) von Clive Barker via www.pinterest.de
• 2 Fotos: „Beast Eats Beast Eats Beast“ (Gemälde, 2002) und „untitled IR175“ (Skizze zu „Beast Eats…“) von Clive Barker (Revelations © Phil & Sarah Stikes, The Clive Barker Archive LLP 1998 – 2024) auf clivebarker.info


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