Rosa Spinnen gibt es nicht? Dass das ein Irrtum ist, könnt ihr in den Geschichten um die rosa Spinne Wuschel und ihre Menschenfreundin Sarah nachlesen. Marie-Louise Buschheuer aus dem AlexOffice regt uns in ihrem kindgerechten Märchen »Wuschel, die Kuschelspinne« dazu an, noch einmal selber zum Kind zu werden – und vielleicht ein wenig die Angst vor Spinnen zu verlieren. Denn eigentlich wollen die nur eines: Schokolade!
»Wuschel, die Kuschelspinne«
Hausaufgaben . . .
Wuschel durfte mit Sarah nicht in die Schule. Einmal war sie mitgekommen, und der Lehrer, Herr Müller, war gar nicht froh gewesen. Denn viele der anderen Kinder hatten Angst vor Wuschel. Auch wenn Wuschel eigentlich ganz lieb war, sie war halt eine Spinne.
Also wartete Wuschel immer ganz gespannt, bis Sarah aus der Schule kam. Dann half sie ihr mit den Hausaufgaben und lernte so auch alles, was sie wissen musste.
In die Spinnenschule wollte Wuschel nicht. Die anderen Spinnenkinder ärgerten sie nämlich immer, weil sie rosa war.
Und so war es auch heute. Wuschel wartete darauf, dass Sarah aus der Schule kam.
Fleißig spann sie an ihrem Spinnennetz weiter, denn auch das will geübt sein. Spinnen können das auch nicht von Anfang an. Wuschel fand ihr Spinnennetz unheimlich klasse, als die Tür plötzlich aufgerissen wurde und Sarah ins Zimmer stürmte.
Sie knallte die Türe hinter sich zu und schmiss den Tornister in die Ecke. Wuschel erschrak über ihre Freundin, denn so wütend hatte sie sie noch nie gesehen.
Wuschel kam aus ihrer Ecke raus und beobachtete, wie Sarah sich auf das Bett setzte. Sie krabbelte zu ihrer Freundin und hockte sich auf ihr Bein.
„Was ist denn los, Sarah? Du bist ja ganz traurig!“, fragte Wuschel besorgt.
„Ich hasse Schule und ich hasse ganz besonders Mathe. Und der blöde Herr Müller gibt uns soo viele Hausaufgaben auf, da brauch ich ja bis heute Abend für. Und der Martin, der ist auch viel besser als ich, vor allem im Minusrechnen. Ich hasse Minusrechnen und ich hasse Martin und ich hasse Hausaufgaben!“, schrie Sarah da ihre kleine Spinnenfreundin an.
Wuschel erschrak vor Sarah, weil die so laut war und heute wohl alles hassen würde. Schnell krabbelte Wuschel ein Stück von Sarah weg. Schon wieder ging die Tür auf, und Sarahs Mutter steckte den Kopf ins Zimmer.
„Jetzt reicht es aber, junges Fräulein. Du machst jetzt sofort Deine Hausaufgaben und hörst mit dem Rumgeschreie auf, sonst gibt es Ärger!“ Mit diesen Worten machte die Mama die Tür wieder zu und ließ Sarah alleine.
„Ich hasse sie!“, nuschelte Sarah. „Nein, tust du nicht“, machte sich Wuschel bemerkbar und krabbelte wieder zu Sarah rüber. „Aber sie ist so gemein zu mir“, motzte Sarah weiter.
Wuschel verdrehte die Augen. „Deine Mama ist nicht gemein. Die möchte nur, dass du deine Hausaufgaben machst.“
„Genau. Und ich hasse Hausaufgaben. Und darum ist Mama gemein!“ Sarah verschränkte die Arme vor ihrer Brust. „Du bist ein Trotzkopf und eine beleidigte Leberwurst noch dazu“, moserte Wuschel. „Bin ich nicht!“, schimpfte Sarah.
„Bist du wohl! Und jetzt hör mir mal zu“, kam von Wuschel, bevor Sarah auch nur Luft holen konnte, um noch einmal loszumeckern.
„Du magst die Schule doch sonst so. Und ich freu mich immer, wenn ich mit dir Hausaufgaben machen kann. Und dem doofen Martin zeigst du, dass du auch ganz schlau in Mathe bist. Du musst nur deine Hausaufgaben machen. Ich helfe dir auch dabei.“
Sarah schaute Wuschel mit verweinten Augen an. Irgendwie hatte ihre kleine rosa Freundin ja Recht.
Normalerweise liebte sie die Schule und Hausaufgaben machen mit Wuschel war ja eigentlich auch ganz toll. Aber wenn der doofe Martin immer alles besser wusste, dann hatte sie keine Lust mehr.
„Meinst du wirklich, dass ich so schlau wie Martin bin?“, fragte Sarah. „Klar doch“, kam von Wuschel als Antwort. „Du musst nur üben.“
Sarah kaute auf ihrer Unterlippe herum. Dann nahm sie ein Taschentuch von ihrem Nachttisch und putzte sich die Nase.
„Trööööööt!“, kam es laut hinter dem Taschentuch hervor. Als sie Wuschel dann anschaute, strahlte sie.
„Dem doofen Martin zeig ich es. Ich bin genauso schlau wie er.“ Mit diesen Worten sprang Sarah auf und griff nach ihrem Tornister.
„Komm Wuschel. Wir machen jetzt Hausaufgaben und morgen wird Herr Müller ganz stolz auf mich sein.“ Fröhlich setzte sich Sarah an ihren Schreibtisch. Sie schaute kurz auf das Spinnennetz, das ihre kleine Freundin im Laufe des Vormittages gebaut hatte.
„Hey, das sieht doch schon super aus, dein Spinnennetz!“, freute sie sich. Wuschel kam schnell von dem Bett rüber gekrabbelt, um Sarah bei den schweren Minus Aufgaben zu helfen.
Mit viel Mühe und noch einigem Gezeter von Sarah hatten die beiden Freundinnen die Mathe-Hausaufgaben schnell erledigt.
Irgendwann mitten in den Aufgaben ging leise die Kinderzimmertür auf und Sarahs Mutter stand im Türrahmen.
„Na, meine Kleine, wie weit bist du?“, fragte sie, und man konnte deutlich hören, dass sie sich Sorgen um Sarah machte.
„Fast fertig, Mama“, strahlte Sarah. „Noch zwei Aufgaben, dann hab ich Mathe fertig.“
„Prima!“ freute sich ihre Mutter. „Wenn Du dann fertig bist, bekommst du Milch und Kekse von mir!“ „Bekomme ich dann einen Keks mehr?“ fragte Sarah ganz vorsichtig, denn sie wollte die Kekse mit Wuschel teilen. Sie hatte ihr ja auch bei den Mathe-Hausaufgaben geholfen.
„Natürlich!“ staunte die Mama.
Als die Tür wieder zu ging, schaute Sarah auf Wuschel. „Irgendwann musst du deiner Mama von mir erzählen, Sarah!“
„Ja, irgendwann mal,“ und damit verschob Sarah dieses Thema.
Als die Hausaufgaben erledigt waren, machten es sich Wuschel und Sarah auf dem Bett gemütlich, aßen die Kekse, tranken die Milch und lasen noch eine Geschichte.
Am nächsten Morgen sagte Sarah nach dem Aufwachen zu Wuschel: „Heute in der Schule zeig ich dem Martin mal wie gut ich in Mathe bin. Wir sehen uns heute Mittag, Wuschel. Und übe mal weiter Netze spinnen!“
Mit diesen Worten nahm Sarah ihren Tornister und verschwand aus dem Zimmer.
Den ganzen Morgen über war Wuschel ganz aufgeregt und konnte sich kaum auf den Netzbau konzentrieren.
Immer wieder schaute sie aus dem Fenster, um zu sehen, ob Sarah schon aus der Schule kam.
Mittags dann war es soweit. Wuschel sah schon von weitem Sarah auf ihrem Fahrrad ankommen. Schnell huschte sie aus ihrer Ecke auf den Schreibtisch, um nur ja nichts zu verpassen, wenn Sarah ins Zimmer kam.
Doch Wuschel musste sich noch etwas gedulden. Als Sarah dann endlich in ihr Zimmer kam, strahlte sie übers ganze Gesicht.
„Weißt du was heute passiert ist, Wuschel?“, fragte Sarah ganz aufgeregt. „Woher soll ich das wissen, Sarah. Ich war ja nicht dabei“, schmunzelte Wuschel.
Sarah fing laut an zu lachen. „Stimmt ja. Also erzähle ich es dir lieber.“ Mit diesen Worten setzte Sarah sich an ihren Schreibtisch. „Also, der Martin, der ja so gut in Mathe ist, der hat zwei Fehler in den Hausaufgaben gehabt.“, fing sie an zu erzählen.
„Mach es doch nicht so spannend, Sarah“, beschwerte sich Wuschel. „Jetzt erzähl schon, was mit deinen Hausaufgaben ist.“
„Ich mach ja schon,“ motzte Sarah leise. „Also, ich, ich hatte nämlich keine Fehler!“
„Siehst du, Sarah“, sagte Wuschel darauf ganz stolz auf ihre große Freundin. „Du hast gelernt und siehst du, dann kannst du das auch.“
Und zufrieden machten sich die beiden Freundinnen an die Hausaufgaben, dann auch heute musste Sarah wieder welche machen. Aber sie wollte ja was lernen und schlauer sein als der doofe Martin.
Hier geht’s zu den anderen Kapiteln der Geschichte:
»Schokolade in der Schublade« . . .
Marie-Louise Buschheuer (Geschichte und Illlustration)
Auch du kannst deinen Text, deine Erfahrung, dein Gedicht oder auch deinen Podcast bei uns einreichen. Unter Kontakt findest du unsere Ansprechpartner. Schick uns dein Werk und wir veröffentlichen es.
Ein tolle Geschichte über Freundschaft – das, was wir uns alle wünschen. Danke!