Unser Kollege Björn Heller aus der Alexianer Klostergärtnerei teilt mit uns seine Geschichten, die von Erlebnissen einer Clique handeln. In einer Beitragsserie werden wir immer wieder mitgenommen und lernen die Protagonisten mehr und mehr kennen. Lest hier das zweite Kapitel: »Die Party bei Marie«.
»Erlebnisse einer Clique« – Teil 2
»Die Party bei Marie«
An diesem Wochenende sollte nun die Party stattfinden und alle waren auch erschienen. Es gab 80er Jahre-Musik und Marie hatte dafür eine Disco-Kugel, die sie besaß, an die Decke gehängt. Gemeinsam war ein tolles Buffet errichtet worden mit Forellen, Hähnchenkeulen, original belegten französischen Baguettes (die man auch warm machen konnte) und einer Thermoschüssel voll Kartoffelpüree. Dazu gab es noch kalte Speisen wie Partyspieße mit Käsewürfeln am Ende, eine Schüssel selbstgemachten gemischten Salat und dazu Brötchen, die gut dazu passten.
Helmut gefiel die Party sehr und er freute sich, heute wieder mit den Freunden zusammen zu sein. Er kannte sie schon, als sie noch Kinder waren und am Brunnen auf der Domplatte spielten. Er war damals obdachlos, doch inzwischen hatte er längst schon wieder zurück gefunden.
Helmut bediente sich nun gerne an dem Buffet und war der Ansicht, dass es ausgezeichnet war. Dazu nahm er sich noch ein Baguette, das er lange schon nicht mehr gegessen hatte. Marie backte es ihm selbstverständlich noch im Ofen auf. Sie trug ein kurzärmeliges Hemd, so dass man gut ihre Tätowierungen am rechten Arm sehen konnte. Das eine war eine lang gezogene Feder, die sich an ihrem Oberarm hochzog, und daneben war der Kopf des Manitou zu erkennen. Auf dem linken Oberarm trug sie einen Skorpion. Helmut sprach Marie jedoch nicht darauf an, sondern schaute zu Anja hinüber, die das gleiche Tatoo mit der lang gezogenen Feder trug. Anja bemerkte den Blick und fragte frech: “Was glotzt Du?“ Helmut wandte schnell den Blick ab und entdeckte dabei ein Akkordeon in Maries Vitrine. Im selben Moment kam Sie auch schon mit einem Teller, auf dem das aufgebackenen Baguette lag. Helmut fragte Marie, ob es ihr Akkordeon sei und sie antwortete: „Ja, ich habe im Musikunterricht mal Akkordeon spielen gelernt.“ Helmut wollte wissen, ob sie heute auch noch spielen könne. Er biss erneut in sein Baguette, was ihm sichtlich schmeckte, während Marie das Akkordeon hervor holte. „Spiel doch mal was“, sagte Helmut mit vollem Mund.
Marie begann „Carneval de Paris“ zu spielen. Das konnte sie richtig gut. „Es wäre doch toll, darauf zu tanzen!“, meinte Thermy. „Stimmt!“, antwortete Marie. „In Paris schon. „„Ich bin zu einem Viertel Französin“, fuhr Marie nach einer kurzen Pause fort. Und ich habe auch noch Verwandte in Florida. Helmut sagte: „Florida liegt doch in Amerika.“ Marie nahm eine Zigarette, zündete sie an und sagte: „Klar, sie haben erst in Paris gelebt und sind dann später nach Florida gezogen.“ Helmut schenkte sich etwas zu trinken ein und fragte Marie, ob sie diese Verwandten auch schon mal besucht hätte. Marie zog an ihrer Zigarette, blies den Qualm Richtung Decke und antwortete; „Klar, hin und wieder, natürlich nur, wenn das Geld reicht, denn USA Flüge sind nicht billig.
Nach den letzten Worten stand Marie auf, um eine Flasche Orangenlimonade aus dem Kühlschrank zu holen. Sie öffnete die Kühlschranktür. Im Inneren stand noch eine Schüssel mit selbst gemachten Fischsalat, der mit Zwiebeln, Essig und Öl, sowie einem Spritzer Essig angemacht war. Der ganze Kühlschrank roch nach dem Salat. Marie hatte den Salat schon herausgenommen, stellte ihn aber gleich wieder in den Kühlschrank, da keiner der Gäste ihn so bevorzugte. Da waren die anderen Sachen auf dem Buffet viel begehrter und auch die Limonade war lecker, besonders wenn man sie mit Kölsch vermischte (Radler).
So verlief der Abend in guter Stimmung weiter, bis Marie Henna weinen hörte. Sie hatte einen Albtraum gehabt. Marie beruhigte sie und nahm sie, obwohl es schon spät war, mit in das Wohnzimmer zu den anderen. Aber Henna hatte ja schon ein wenig geschlafen. So durfte sie noch ein Glas Orangenlimonade trinken. Helmut kannte diese Art Träume auch und erzählte Henna davon, berichtete aber auch von schönen, positiven Träumen. Allerdings hatten die nicht in einem Bett stattgefunden, sondern auf irgendeiner Bank unterfreiem Himmel in der Stadt in der Zeit, in der er obdachlos war. Er hatte das schließlich auch weg gesteckt, so wie viele andere Erlebnisse auch und verkündete nun: „Und seht da! Jetzt sitze ich hier bei Euch!“
Daraufhin bot Henna Helmut eine beim Karnevalsumzug geschnappte Trinkbrause und Schleckerzeug an. Der fragte, was er nun damit machen solle. Marie meinte daraufhin: „Vernaschen oder mit kaltem Sprudelwasser übergießen. Dann hast du sowas wie ein Erfrischungsgetränk.“ Helmut fragte skeptisch: „Und das schmeckt?“ Marie schaute in Helmuts Richtung und antwortete: „Ja, ungefähr wie eine Limonade. Sowas machen wir im Sommer öfter. Die gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen.“ „Gibt es die auch als Cola Geschmack?“ fragte Helmut neugierig. Doch Marie sprang vom Sofa auf und rief: „Ich finde, es ist jetzt etwas anderes wichtiger! Wir müssen noch den Tisch abräumen und das Geschirr und die Gläser spülen.“ Sie sagte es aber nicht in schimpfenden Ton, sondern auf ihre Art und Weise. Eben wie Marie.
Und es war wirklich schon spät genug. Helmut schätzte die Uhrzeit so auf 2.15 Uhr. Das war ziemlich genau die Zeit, zu der er damals auf der Bank in der Stadt aus seinem Albtraum erwacht war. Er erinnerte sich an kurze Traumfetzen und hörte wieder die Worte: „Ich muss mal kurz in deinem Bauch rumschneiden!“ Das war ein Albtraum, den er nie vergessen würde. Und dabei hatte er vorher von etwas Schönem geträumt.
Von einem Saal, der ganz schön mit Holz verkleidet war, wo es Fässer gab zum Trinken und wo Brot und andere Leckereien aufgetischt wurden. Dort befanden sich auch Menschen. Eigentlich eine schöne, gute Nacht. Helmut streifte die Gedanken ab und sein Blick ging wieder zu Anja. Sie genoss gerade ein Getränk wie aus seinem Traum, wobei sie den letzten Rest betont herunter schluckte. „Lecker“, meinte sie zu Helmut und wischte sich den Mund ab.
Marie hatte Henna wieder zu Bett gebracht und dafür gesorgt, dass sie wieder einschlief. Sie hoffte, dass es keine Schwierigkeiten mehr gab. Marie machte die Zimmertür zu und ging zurück in das Wohnzimmer, wo Anja und Helmut schon saßen. Anja rauchte eine Zigarette. Marie setzte sich zu ihnen auf einen Sessel. Helmut und Marie sahen sich kurz an. Marie holte tief Luft und atmete hörbar wieder aus. Dann goss sie sich ein Glas Orangenlimonade ein, die auf dem Tisch stand und nahm sich eine Zigarette , die sie jetzt brauchte.
Das Buffet war schon abgeräumt. Das hatten Helmut und Thermy gemacht. Sie war inzwischen wieder da, nachdem sie draußen bei einem kurzen Spaziergang ein Telefongespräch geführt hatte. Marie hatte sie darum gebeten, weil es sonst Krach mit Anja gegeben hätte, der nämlich Thermys lautes Organ und die schrille Lache manchmal auf den Senkel ging. So konnte Thermy das Telefongespräch im Freien genießen und störte auch keinen von den anderen Freunden.
Eigentlich hatte man sich schon entschlossen, den schönen Abend zu beenden und nach Hause zu gehen, aber Marie hatte plötzlich eine Idee: „Wie wäre es, wenn wir uns noch mal für ein Gruppenfoto zusammensetzen würden? Ich fände das toll.“ „Was haltet Ihr von Handyfotos jetzt gleich hier?“, fragte Thermy. „Nein“, antwortete Marie. „Ich möchte ein Foto von uns allen machen, wo auch ich mit drauf bin. Ich habe noch eine alte Kamera bei mir, mit Ständer. Ich muss nur probieren, ob sie noch funktioniert. Sie ging in die Wohnung zurück und alle kamen mit. Sie holte die Kamera und den Ständer und baute sie auf dem Balkon auf um zuerst ein Probefoto zu schießen.
Marie richtete die Kamera in den Himmel und betätigte den Selbstauslöser. Ein Paar Sekunden später blitzte es dann auch. „Prima“, meinte sie stolz, „dann können wir ja jetzt beginnen.
„Wieso knipst Du denn in den Himmel?“ fragte Helmut. Marie gab ihm die Antwort: „Weil es so, wie ich es eben gemacht ha, niemanden stört. Stell Dir vor, ich würde die Kamera auf das Haus da drüben richten und blitzen. Eine Person würde das sehen und dann hätte ich die Polizei am Hals. Ist das klar?“ Marie bat Helmut nun in das Wohnzimmer zu den anderen . Sie stellte die Kamera auf und bat die Freunde, sich auf das Sofa zu setzen. Dann teilte sie ein, wie jeder sitzen sollte.
Helmut setzte sich in die Mitte, Anja nahm den Platz neben ihm, Thermy wiederum neben Anja, es folgten Thermy und Florian: nachdem Marie den Auslöser gedrückt hatte, setzte sie sich schnell auf den Platz links von Helmut, der noch frei geblieben war. Alle legten ihre Arme um die Anderen. Marie schaffte es gerade noch, ihren Arm um Helmut zu legen, was ihm anscheinend gefiel, als es auch schon blitzte. Das Bild war im Kasten. Plötzlich fiel Helmut auf:“ Marie, Du hast ja Henna ganz vergessen!“ Marie erklärte: „Ja, Du hast recht, aber ich wollte sie jetzt auch nicht mehr wecken. Ich bin doch froh, dass sie schläft“ Nach diesen Worten verabschiedeten sich alle auf ein Wiedersehen.
Und was anschließend geschah, folgt!
Ein Beitrag (Teil 2) von Björn Heller
Lest hier:
Teil 1 der »Erlebnisse einer Clique« (»Die Charaktere« + »Ein Kinoabend mit anschließendem Kioskbesuch«)
Teil 3 der »Erlebnisse einer Clique« (»Grillen im Volksgarten«)
Bild (Ausschnitt) von Arifur Rahman auf Unsplash
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