In seiner Weihnachtsgeschichte »Ochs und Esel« bringt uns Werner Otto von Boehlen-Schneider (AlexOffice) die beiden Tiere nahe, die wir als teilnehmende Figuren der weihnachtlichen Krippenszene in Bethlehem kennen. 


 

»Ochs und Esel« – Eine Weihnachtsgeschichte

Wir alle nun, denen das Bild der bethlehemitischen Krippe seit den entschwundenen Tagen unserer Kindheit so wohl vertraut ist, kennen Ochs und Esel als ganz selbstverständliches Personal der anheimelnden Szenerie, haben zuweilen einzeln damit gespielt oder uns gefragt, weshalb sie dort vorwiegend liegend anzutreffen wären. Doch eine Begründung ihrer symbolischen Platziertheit lediglich aus dem Propheten Jesaja: „Der Ochse kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Besitzers“ abzuleiten, erscheint uns allzu dürftig, als es so stehenlassen und keiner tieferen Dimension anverwandeln zu wollen. Denn die Tiere waren schon im Paradies Gefährten des Menschen, Garant einer Schöpfungsordnung und -verortung des Heil-Seins, weshalb hier nun ein mögliches Erklärungsmuster der Phantasie bemüht gefunden werden soll:

In unteren Bezirken Jerusalems, da lebten einst von dürftigem Gewinst ein Ochs und Esel, gute Freunde seit den Tagen, als sie dem Müller Korn getragen und in rundlichem Gewerke gehend mahlten. Doch diese Zeiten waren lang vorbei, der Greis verpfändete das liebe Vieh, von einer Hand zur andren wandernd kamen sie zuletzt an einen Räuber Barabbas, den Älteren, der sie für Diebeszüge nutzte. Doch diesem unerträglichen Geschäft entzogen Beide sich bei finstrer Nacht durch Flucht und ratlos vor den Toren der heiligen Stadt so hin- und wiederwandelnd sahen sie den Stern, der hoffnungsvoll durch milden Trost beseelte und fanden weit im Feld und von der Kälte zitternd eine Frau, die gerad geboren hatte, erwärmten so mit dampfnem Hauch das lächelnd und wie tief in ihr Gemüt nun schau’nde Kind. Der ältere Gefährte schüttete frisch duftnes Heu auf und so wohlgelitten das, was sie zu geben nur vermocht, ein wenig Wärme, nun wohl bedankt zu sehen, nickten sie einander zu – durch ihre Taten, menschenzugewandten Sinn betrachtend, Zeugnis, dass ein jeder wertvoll und am rechten Ort bereichernd sei.

 

Werner Otto von Boehlen-Schneider
Werner Otto von Boehlen-Schneider

Titelbild (Ausschnitt) von falco auf Pixabay 


Auch du kannst dein Gedicht, deinen Text, deine Erfahrung oder auch deinen Podcast bei uns einreichen. Unter Kontakt findest du unsere Ansprechpartner. Schick uns dein Werk und wir veröffentlichen es.